Metadata: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

112 Das Verwaltungsrecht. 8162 
im ersten Falle liegt der Rechtsstreit schon darin, daß der Beklagte 
den klägerischen Auspruch nicht befriedigte, und das Geständnis 
im Strafprozesse hebt die Bestrittenheit des Rechts nicht auf, so 
lange der Richter untersuchen muß, ob das Geständnis auch der 
Wahrheit entspricht. Nur dann, wenn weder unter den Parteien 
in tatsächlicher oder rechtlicher Beziehung etwas streitig ist, noch 
die Wahrheit übereinstimmender Parteierklärungen von Amts 
wegen erforscht werden darf, liegt ein Rechtsstreit nicht mehr vor. 
Daher ist z. B. die Aufnahme eines gerichtlichen Vergleichs kein 
Akt der streitigen Rechtspflege, sondern der freiwilligen Gerichts- 
barkeit. 
Dic streitige Gerichtsbarkeit umfaßt nun zwei verschiedene 
Arten der Rechtspflege, die Zivil- und Strasgerichtsbarkeit, die 
ihrem inneren Wesen nach durchaus verschieden, nur die äußere 
Form ihrer Handhabung, nämlich die Vollziehung der Rechts- 
normen in prozessualischen Formen durch dieselben richterlichen 
Behörden gemeinsam haben. Der zunächst in die Augen fallende 
Unterschicd der Zivil= und Strafrechtspflege besteht darin, daß es 
sich in beiden Fällen um die Anwendung von Normen verschiedener 
Rechtsgebiete handelt, die Zivilrechtspflege vollzieht die Normen 
des Privatrechts, die Strafrechtspflege die des Strafrechts. Aus 
der inneren Verschiedenheit des Privat= und Strafrechts ergibt 
sich aber auch ein wesentlicher Unterschied der Zivil- und Straf 
rechtspflege, des Zivil- und Strafprozesses. 
Es ist das Charakteristische des Privatrechts im Gegensatze zu 
anderen Rechtsgebieten, daß, sobald die Privatrechtsnormen Per- 
sonen betreffen, daraus für diese subjektive Rechte und Pflichten 
erwachsen. Das Privatrecht grenzt die Rechtssphäre verschiedener 
Privatpersonen gegeneinander ab. Sofern es also einen Lebens- 
kreis treffen, ein menschliches Lebensverhältnis rechtlich regeln will, 
regelt es immer, wenn der in den Rechtsnormen vorausgesetzte 
Tatbestand vorhanden ist, die wechselseitigen Beziehungen mehrerer 
Privatpersonen zueinander. Solche rechtlichen Beziehungen ver- 
schiedener Rechtspersönlichkeiten, vermöge deren die eine der anderen 
gegenüber rechtlich gebunden ist, bezeichnet man aber als subjektive 
Rechte und Pflichten, jedem subjektiven Rechte steht eine subjektive 
Pflicht gegenüber. Die Entstehung subjektiver Rechte und Pflichten 
für die von einer Privatrechtsnorm betrofsenen Personen ergibt
	        
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