224 Das Verwaltungsrecht. 817
fälle innerhalb bestimmter Frist bei den gerichtlichen Register-
behörden).
Bei Erlaß der preußischen Verfassungsurkunde beabsichtigte
man, vollständig zu dem rheinisch-französischen Systeme über-
zugehen. Art. 19 der Verfassungsurkunde bestimmte daher, die
Einführung der Zivilehe erfolge nach Maßgabe eines besonderen
Gesetzes, welches auch die Führung der Zivilstandsregister regele,
Gleichwohl blieb es mehrere Jahrzehnte hindurch bei dem bisherigen
Rechtszustande, und erst durch Gesetz vom 9. März 1874 erfolgte
vom 1. Oktober 1874 an die Einführung der Zivilehe und welt-
licher Zivilstandsregister in den Landesteilen, wo solche bisher
noch nicht bestanden hatten. Dieses Gesetz wurde aber sehr bald
wieder gegenstandslos, da das Reich durch Erlaß des Gesetzes vom
6. Februar 1875 über die Beurkundung des Personenstandes un
die Eheschließunge) die Regelung des betreffenden Gegenstandes
übernahm.
Jene älteren Vorschriften über die Beurkundung des Personen“
standes sind jedoch gegenwärtig noch insofern von Bedeutung, #
die früheren Register auch weiterhin die in sie eingetragenen Ge-
burten, Heiraten und Todesfälle beurkunden und in dieser Hinsicht
auch weiterhin zivilrechtliche Wirkung haben. Nur für die nach
Inkrafttreten des Personenstandsgesetzes eingetretenen Fälle dieset
Art ist der Inhalt der Kirchenbücher ohne zivilrechtlichen Wert.
Die Beurkundung des Personenstandes umfaßt die Eintragunh
der Geburten, Heiraten und Sterbefälle durch vom Staate "
stellte Standesbeamte in dazu bestimmte Register. Diese Eintragung
hat den Charakter der öffentlichen Beglaubigung einer geschehenen
4) Die Behauptung von L. v. Stein a. a. O. S. 239, nach dem
Patente vom 30. März 1847 empsingen die Kirchenbücher der nicht an-
erkannten Religionsgesellschaften das Recht der öffentlichen Glaubwürdigkei
über Ehe, Geburt und Tod dadurch, daß sie vom Gerichte bestätigt würden
während für die Juden die Gerichte die Register zu führen hätten, widerleg
sich durch den klaren Wortlaut der betr. Gesetze. Das Patent vom 30. Möc
1847 verweist ausdrücklich auf die bereits erwähnte Verordnung von
gleichen Tage, und dieses kennt nur eine unmittelbare gerichtliche Registe
führung, keine gerichtliche Bestätigung kirchlicher Register. 1!
4) NGl. 1875, S. 23, erg. durch C#. zum B#. Art. 46. 260.
dazu Ausf. Anweisung mit Formularen vom 25. März 1899 — NGl. 1599
S. 225 —.