Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

9 173 Die Ordnungspolizei. 231 
Dienstes anzuhalten und die Ausfertigung der Gesindezeugnisse 
an Stelle der Herrschaft, wenn das von dieser ausgestellte sich als 
wahrheitswidrig erweist. . 
Eine allgemeine Entscheidung aller Streitigkeiten aus dem 
Gesindeverhältnisse ist der Ortspolizeibehörde durch die meisten 
Gesindeordnungen eingeräumt, so durch die rheinische 8 47, die 
neuvorpommersche § 171, die nassauische und die fuldaische. Eine 
andere Stellung nimmt die Gesindeordnung von 1810 §8 32 ff., 
83 ein, welche der Polizei eine Entscheidung nur in viel be- 
schränkterem Maße zugesteht. Lohn, Kostgeld oder Beköstigung, wie 
Menge und Beschaffenheit der Kost des Gesindes beruhen nämlich 
auf freier Vereinbarung und in Ermangelung einer solchen darauf, 
was einem Gesinde derselben Klasse zur Zeit der Vermietung der 
Regel nach gegeben wurde. Die Polizei soll hier bestimmen, was 
in dieser Hinsicht Regel ist. In gleicher Weise soll die Polizei 
entscheiden, in welcher Zeit die Livree verdient ist. Die Ent- 
scheidungsbefugnis der Polizei ist also hier keine allgemeine, sondern 
erstreckt sich nur auf Streitigkeiten über Lohn, Kostgeld, Beköstigung 
und Livree. Einer dritten Art von Gesindeordnungen endlich, wozu 
namentlich sämtliche hannöverische Dienstbotenordnungen gehören, 
ist die vorläufige Entscheidung der Polizei über Streitigkeiten, 
die nicht den Antritt oder die Fortsetzung des Dienstes zum Gegen- 
stande haben, vollständig unbekannt. Soweit die vorläufige Ent- 
scheidung der Polizei besteht, erfolgt sie vorbehaltlich des ordent- 
lichen Rechtsweges und ist selbst nicht vollstreckbarso). Es handelt 
sich also nur um einen Sühneversuch, nach dessen Fehlschlagen. 
den Parteien zur Geltendmachung ihrer Rechte nur die Erhebung 
der Klage übrig bleibt. Die polizeiliche Entscheidung erfolgt zwar 
vorbehaltlich des ordentlichen Rechtsweges, doch ist nirgends be- 
stimmt, daß der ordentliche Rechtsweg erst beschritten werden könnte, 
nachdem die Polizeibehörde entschieden hat. Dem Zwecke des Ge- 
setgebers würde es auch geradezu zuwiderlaufen, wollte der Richter 
——— .8 
20) Zwar sollen nach der rheinischen und neuvorpommerschen Gesinde- 
ordnung die Polizeibehörden ihre Entscheidungen sofort zur Ausführung 
ringen. Dies kann sich jedoch nur auf Streitigkeiten über Dienstantritt 
und Fortsetzung und Gesindezeugnisse beziehen, da im übrigen privat- 
sechtliche Verpflichtungen nicht durch polizeilichen Zwang verwirklicht werden 
nnen.
	        
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