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248 Das Verwaltungsrecht.
Kap. II. Die Armenpflege.)
§ 175. Geschichtliche Entwicklung der Armenpflege.
In dem beschränkten Kreise der Aufgaben des mittelalterlichemn
Staates ist für eine Armenpflege kein Platz. Die Verpflichtung
des Staates für den Rechtsschutz seiner Angehörigen nach innen
und nach außen zu sorgen, konnte ohne eine Fürsorge für dir
Hilksbedürftigen erfüllt werden. Indem der Staat des Mittelaltet
von der gesamten inneren Verwaltung nur die Sicherheitspolizet
für sich in Anspruch nimmt, bleibt das ganze Gebiet der heutigen
Armenpflege außerhalb des staatlichen Rechtskreises. Wenngleich
nun der Staat sich im allgemeinen um die Armenpflege nich
kümmerte, so ist doch damit keineswegs gesagt, daß dem Mittelalter
eine solche fremd war. Wie auf anderen Gebieten gemeinsamer
Kulturaufgaben, die über die Kräfte des einzelnen wie der freien
Genossenschaft hinausgehen und nur durch eine übergeordnete obrig“
keitliche Macht gelöst werden können, findet auch hier der mittel-
alterliche Staat seine Ergänzung in der Kirche. Die Sorge für
die hilfsbedürftigen Armen ergab sich schon aus der christlichen
Pflicht der Nächstenliebe, und es wurde Aufgabe der Kirche, in
dieser Beziehung eine Organisation zu schaffen, welche die Almosen
in zweckentsprechender Weise verwertete und die hilfsbedürftigen
Armen vor Not schützte. Außerdem wurde ein bedeutender Tel
des kirchlichen Vermögens unmittelbar für Zwecke der Armenpflegé
verwertet. Die ganze Armenpflege war also ein Teil der kirchlichen
*) Vgl. H. Stolp, Das Reichsgesetz über den Unlerstützungswohnsib,
Berlin 1871 und in Hirths Ann. 1871, S. 395 ff.; Arnoldt, Die
Freizügigkeit und der Unterstützungswohnsitz, Berlin 1872; Noch oll,
System des deutschen Armenpflegerechts, Berlin 1873; M. Seydc!“
Das Reichsarmenrecht in Hirths Ann. 1877, S. 546 ff.; Mün ster“
berg, Bibliographie des Armenwesens, Berlin 1900 ff.; Kommentare zum
Reichsgesetze über den Unterstützungswohnsitz von Eger, b5. Aufl., Breslan
1908; Krech, 7. Aufl., Berlin 1908; Wohlers, 12. Aufl., Berlin
1910; Entscheidungen des Vundesamts für das Heimatwesen, herausges
von Wohlers u. a. Heft 1 ff., Berlin 1873 ff.; Krech, Aus der Spruche
praxis des Bundesamtes für das Heimatwesen im Archiv für öffentliche“
Recht, Bd. 1, S. 200 ff., 707 ff., Bd. 2, S. 581 ff., Bd. 3, S. 301 fe
Tourbi, Die Kollision der Armenfürsorgerechte in Deutschland a. a- .
Bd. 3, S. 131 ff., 407 ff.