Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

20 Das Verwaltungsrecht. 8151 
Gegensatze, indem es dem völkerrechtlichen Vertrage von Rechts 
wegen, ohne daß ein besonderer Staatsakt ersorderlich wärc, staats 
rechtliche Verbindlichkeit beimißt. Die Notwendigkeit, das eng- 
lische System preiszugeben, ergab sich hier aus der Tatsache, daß 
diejenigen, welche sachlich den Vertrag abschließen, die Minister, 
vom Präsidenten mit Zustimmung des Senats ernannt werden 
und sich daher nicht in Uebereinstimmung mit der zeitigen Mehrheit 
des Kongresses zu befinden brauchen. 
In den monarchischen Staaten Europas stellte sich aber dann, 
wenn man den rechtsgültig abgeschlossenen Verträgen ohne weiteres 
staatsrechtliche Wirksamkeit beilegte, eine andere Schwierigkeit 
heraus. Der Monarch, dem im allgemeinen die Befugnis zum 
Abschlusse von Verträgen beigelegt war, hätte auf diesem Wege 
die ganze bestehende Gesetzgebung abändern oder aufheben können. 
Von besonderer Tragweite war dies in Deutschland, da hier zahl- 
reiche Gegenstände, die in anderen Staaten im Wege der inneren 
Landesgesetzgebung geregelt werden bei der Zerrissenheit der dent- 
schen Gebiete nur durch völkerrechtliche Verträge der deutschen 
Staaten untereinander ihre Erledigung finden konnten. Hielt man 
den Inhalt dieser Verträge für von Rechts wegen die Staats- 
angehörigen bindende Anordnungen der Staatsgewalt, so mußte 
man der Volksvertretung eine Mitwirkung allerdings nicht bei 
der Ausführung, aber beim Abschlusse der Verträge einräumen. 
Hierin liegt auch durchaus kein Widerspruch mit den Grund- 
sätzen des Staatsrechts oder des Völkerrechts. 
Allerdings enthält der völkerrechtliche Vertrag nur eine Ver- 
pflichtung der Staaten gegeneinander. Er kann wie jeder andere 
Bertrag nur erfüllt werden durch die Vertragschließenden, welche 
eben die zur Erfüllung notwendigen Staatsakte erlassen. Das 
tatsächlich Zunächstliegende wäre es wohl, daß ein solcher Staats- 
akt für jeden einzelnen Fall besonders ergeht. Allein es würde nicht 
das geringste Hindernis im Wege stehen, wenn sich aus dem 
öffentlichen Rechte eines Staates ergeben sollte, daß die Be- 
stimmungen gehörig verkündeter Staatsverträge ohne weiteren staat- 
lichen Befehl von den Staatsangehörigen zu befolgen sind). Es 
wärc dann einfach die staatliche Anordnung, welche die Erfüllung 
5) Agl. 3. B. dic in der vorigen Note ange führte Stelle.
	        
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