258 Das Verwaltungsrecht. 8 176
Die Armenpflege wird dagegen nur denjenigen zuteil, welche
zum Erwerbe ihres notwendigen Lebensunterhaltes unfähig sind.
Wenn das Gesetz über den Unterstützungswohnsitz dies auch nicht
ausdrücklich ausspricht, so ergibt es sich doch schon daraus, da
nur hilfsbedürftige Personen nach Maßgabe des Gesetzes zu unter—
stützen sind. Die Hilfsbedürftigkeit ist notwendige Voraussetzung
der Armenpflege. Insbesondere entscheidet es sich hiernach, ob die
Kosten der von der Polizeibehörde angeordneten Unterbringung
von Kranken in einem Krankenhause von dem Armenverbande
oder der Polizei zu tragen sind. Ordnet die Polizei aus sanitäts
polizeilichen Gründen die Aufnahme in ein Krankenhaus an, ohne
daß die Voraussetzungen der Hilfsbedürstigkeit vorliegen, so
fallen die Kosten zweifellos der Polizei zur Last, ebenso um-
gekehrt die Verpflegungskosten hilfsbedürftiger Personen dem
Armenverbandes). Desgleichen liegt der Fall der die Armenpfleg"
bedingenden Hilfsbedürftigkeit nicht vor, wenn ein Gefangener ohne
Unterbrechung der Haft außerhalb des Gefängnisses verpflegt werden
muß, wohl aber, wenn aus irgendwelchen Gründen, z. B. Geistes“
krankheit seine Haftentlassung erfolgt7.
Die Unterstützung muß für den Fall der Hilfsbedürftigkeit
jedem Inländer gewährt werden. In bezug auf Art und Ma
der zu gewährenden Unterstützung und auf den Erwerb und Verlust
des Unterstützungswohnsitzes ist jeder Deutsche in jedem Bundes-
staate als Inländer zu behandeln (8 1 UWG.). Das Maß der Ju-
ländern zu gewährenden Unterstützung richtet sich nach den Landes“
gesetzen. In Preußen ist jedem hilfsbedürftigen Deutschen von
dem zu seiner Unterstützung verpflichteten Armenverbande Obda h-
der unentbehrliche Lebensunterhalt, die erforderliche Pflege in
Krankheitsfällen und im Falle seines Ablebens ein angemessen
Begräbnis zu gewähren. Die Unterstützung kann geeiguetenfalles
durch Unterbringung in einem Armen= und Krankenhause un
durch Anweisung der den Kräften des Hilfsbedürftigen ent-
—
5) Vgl. Entsch. des Bdl. vom 26. September 1885 und 6. Februat
886 bei Krech im Archiv Bd. 2, S. 586 ff.
9, Entsch. des BA. 1, 62; 7,61; 9, 56; 10, 74 usw. in zahlreichen
Erkenntnissen; Cirk. Restre. des Justizministers vom 21. Dezember 1881
Eutsch. des Reichsgerichts, 4. Civilsenats vom 15. November 1883.