260 Das Verwaltungsrecht. 8177
damit verbundenen Gründung eines eigenen Haushaltes, weder
des Besitzes noch des Erwerbes einer Gemeindeangehörigkeit oder
des Einwohnerrechtes noch der Genehmigung der Gemeinde (Guts-
herrschaft) oder des Armenverbandes noch einer obrigkeitlichen Er-
laubnis. Insbesondere darf die Befugnis zur Verehelichung nicht
beschränkt werden wegen Mangels eines bestimmten, die Groß-
jährigkeit übersteigenden Alters oder des Nachweises einer Woh-
nung, eines hinreichenden Vermögens oder Erwerbes, wegen cr-
littener Bestrafung, bösen Rufes, vorhandener oder zu befürchten-
der Verarmung, bezogener Unterstützung oder aus anderen polizei-
lichen Gründen. Ebenso wenig ist die Erhebung eines Zuzugs-
geldes oder einer sonstigen Abgabe von der ortsfremden Braut
zulässig. Endlich sind unbeschadet der Bestimmungen über die
Genehmigung der Eheschließung der Militärpersonen, Beamten,
Geistlichen und Lehrer durch ihre Vorgesetzten die polizeilichen
Beschränkungen der Befugnis zur Eheschließung, welche hinsichtlich
der Ehen zwischen Juden und für die Angehörigen einzelner bürger-
lichen Berufsstände bestanden, aufgehoben.
Gestattet sind dagegen gewisse Einschränkungen der Aufent-
halts= und Niederlassungsfreiheit im Interesse der Armenpflege=
Die Freizügigkeit, welche somit beschränkt wird, ist ebenso wenig
wie die Preßfreiheit, Versammlungsfreiheit u. ä. ein subjektives
Recht. Sie bringt den politischen Gedanken zum Ausdrucke, daß
die freie Bewegung des einzelnen möglichst wenig beschränkt werden
soll. Dieses Mehr oder Weniger ist aber rechtlich nicht faßbar-
Verwaltungsrechtlich ist nur von Bedeutung, daß das Freizügig
keitsgesetz vom 1. November 1867 § 1 alle bisher bestehenden
Beschränkungen des Niederlassungsrechtes aufgehoben und für die
Zukunft nur die im Gesetze selbst enthaltenen Beschränkungen g6“
stattet hat. Auf eine Reihe solcher Beschränkungen der Nieder“
lassungs= und Aufenthaltsfreiheit im sicherheitspolizeilichen Inte“
esse mußte bereits in einem anderen Zusammenhange eingegangen
nisses bedürsen auch nach Art. 43 8§86 EsG. zum B. die Bewohner des
rechtsrheinischen Bayern, deren Ehen ohne dieses Zeuguis zwar ni
rechtsungültig, aber für die bayerischen Heimatsverhältnisse unwirksam
sind. Vgl. Verf. vom 19. Dezember 1899 und 6. Juli 1903 — Ml. b-
inn. Verw. 1900, S. 8; 1903, S. 173 —.