Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

8180 Geschichtl. Entwicklung d. gutsherrlichbäuerlichen Verhältnisse. 293 
besitze. Diese Abhängigkeit tritt zutage nach zwei Richtungen hin. 
Einmal haben die Gutsherren den Bauern gegenüber vermöge 
der gutsherrlichen Gerichtsbarkeit und Polizei, sowie des Kirchen— 
patronates gewisse öffentlichrechtliche Befugnisse. Diese öffentlich— 
rechtliche Seite der Abhängigkeit läßt das Grundbesitzrecht un- 
berührt und ist daher hier nicht weiter zu erörtern. Die Guts- 
herren haben aber fernerhin auch die landesherrlichen Rechte über 
die bäuerlichen Güter, die Zinsleistungen, sowie die Hand= und 
Spanndienste der Bauern erworben, und zwar letztere, da die 
Gutsherren von militärischen Leistungen keinen Gebrauch machen 
konnten, unter Verwandlung der Dienste in solche zur Bestellung 
des gutsherrlichen Ackers. Damit sind die Gutsherren die Ober- 
eigentümer alles bäuerlichen Landes geworden, die Bauern haben 
nur ein von dem Gutsherren abgeleitetes Untereigentum. Das 
Verhältnis, wie es sich seit Ende des 13. Jahrhunderts für das 
flache Land herausstellt, ist also folgendes: 
Abgesehen von den Besitzungen, die unmittelbares Eigentum 
des Landesherren sind, und wo der Landesherr als Gutsherr seiner 
Domänen gilt, ist aller Grundbesitz vom Landesherren entweder 
weltlichen Rittergutsbesitzern oder kirchlichen Anstalken zu Lehen 
gegeben. Die vom Landesherren belehnten und von ihm ihr Eigen- 
tumsrecht ableitenden Großgrundbesitzer bewirtschaften ihr Grund- 
eigentum entweder selbst mit Hilfe der ihnen dienstverpflichteten 
Bauern, oder sie haben es weiter an diese zu bäuerlichen Besitz- 
rechten begeben. Die Lage des Bauernstandes war dabei vom 
Ende des 13. bis Ende des 15. Jahrhunderts wenig drückend. 
Das Besitzrecht der Bauern war meist erblich. Die Schulzengüter 
und vereinzelt auch andere Bauerngüter waren nach bäuerlichem 
Lehenrechte an die Schulzen oder Lehmänner, die übrigen Bauern- 
güter fast durchgängig nach Erbzinsrecht an die Bauern begeben, 
so daß eine feste, der Willkür des Gutsherren entrückte Erbfolge- 
ordnung bestand. Nur beim Aussterben der Familie hatte der 
Gutsherr hinsichtlich der Art der Neubesetzung freie Hand. Soweit 
es sich erkennen läßt, fand aber auch hier für diesen Fall im 
15. Jahrhundert nur bei den Schulzengütern, deren Besetzung 
für die Handhabung der obrigkeitlichen Gewalt von Bedeutung war, 
eine bloß lebenslängliche Verleihung an sogenannte Setzschulzen 
statt, während bei den übrigen Bauerngütern die Erblichkeit fest-
	        
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