Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

328 Das Verwaltungsrecht. 8182 
recht der Staatsangehörigen. Der Staat kann daher seinen An— 
gehörigen jedes Privatrecht, welches ihnen anderen Privatpersonen 
gegenüber zusteht, entziehen und entweder für sich in Anspruch 
nehmen oder anderen Privatpersonen übertragen. 
Trotz der Zweifellosigkeit dieses staatlichen Rechts übt es jedoch 
der Staat nicht nur nicht nach jeder Richtung hin aus, sondern 
legt sich, soweit er es ausüben mußs, alle diejenigen Selbstbeschrän- 
kungen auf, deren der Staat überhaupt nur fähig ist. In diesen 
Selbstbeschränkungen liegt die öffentlichrechtliche Gewähr der Unver- 
letzlichkeit des Eigentums auch gegenüber dem Staate und seinen 
Organen. Indem durch eine Verfassungsbestimmung das Eigen- 
tum von gewissen Ausnahmefällen abgesehen für unverletzlich erklärt 
wird, kann, soweit diese Ausnahmefälle nicht vorhanden sind, eine 
Entziehung oder Beschränkung des Privateigentums nur in den 
erschwertesten Formen einer Veränderung der staatlichen Rechts- 
ordnung, nämlich in denen der Verfassungsänderung vorgenommen 
werden. Durch die verfassungsmäßige Gewähr der Unverletzlichkeit 
des Privateigentums wird das absolute Herrschaftsrecht des Staates 
gegenüber seinen Angehörigen in bezug auf deren Privateigentum 
nicht verneint, es wird den Staatsangehörigen auf Grund ihres 
Privateigentums tein subjektives Recht gegen den Staat verliehen, 
sondern der Staat trägt nur dem Individnalismus möglichst Rech- 
nung, indem er die Ausübung dieses seines Herrschaftsrechtes an 
besonders erschwerte Formen knüpft. In der staatlichen Gewähr 
des Privateigentums liegt aber gleichzeitig ein Verbot an die 
Behörden, das Privateigentum zu verletzen, soweit der Staat von 
diesem Verbote nicht selbst Ausnahmen macht. Der Jubegriff dieser 
Ausnahmefälle ist das Enteignungsrecht. Diese Rechtseinrichtung 
gehört also dem öffentlichen Rechte an, womit es nicht in Wider- 
spruch steht, daß jede einzelne Enteignung auch privatrechtliche 
Wirkungen nach sich zieht. 
Die gesetzlich zugelassenen Ausnahmen von der Unverletzlich= 
keit des Eigentums umfassen die Fälle, in denen aus Gründen des 
öfsentlichen Wohles eine Entziehung oder Beschränkung des Privat- 
eigentums, hier also nur des Grundeigentums gegen Entschädigung 
zulässig ist. Das Landrecht, die Verfassungsurkunde wie das Ent- 
eignungsgesetz sprechen ganz allgemein von der erzwingbaren Auf- 
gabe des Privateigentums im öffentlichen Interesse und setzen
	        
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