Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

8187 Geschichtliche Entwicklung des Gewerberechtes. 383 
zugsweise auf Gründen, die mit der Gewerbepolitik nichts zu tun 
hattens). Man mußte sich überzeugen, daß durch die Gewerbe- 
freiheit das staatliche Finanzinteresse, welches mit der Aufrecht— 
erhaltung der ständischen Rechtsordnung, insbesondere der Be— 
schränkung des Gewerbebetriebes auf die Städte, verknüpft war, 
eine Beeinträchtigung erfahren hätte. 
Den Ausgangspunkt der neuen Gewerbepolitik bildete die bei 
ledem Regierungswechsel übliche Bestätigung der Innungsprivi- 
legien. Der Gewerbebetrieb war abhängig von der Mitgliedschaft 
der Zunft, das Recht der Zunft beruhte auf staatlicher Verleihung. 
Aus diesen beiden Obersätzen wird nunmehr die Schlußfolgerung 
gezogen, daß der Staat es ist, welcher die Befugnis zum Gewerbe- 
betriebe verleiht, daß aller Gewerbebetrieb ein vom Staate her- 
geleiteter ist. Hieraus ergibt sich die Befugnis des Staates, an 
Stelle der Zünfte das ganze Gewerberecht selbst zu regeln, während 
die Zünfte in ähnlicher Weise zu staatlichen Vollzugsorganen 
herabgedrückt werden wie die Städte hinsichtlich ihrer Gemeinde- 
verwaltung. Aus der Zurückführung alles Gewerbebetriebes auf eine 
staatliche Genehmigung folgt aber weiterhin, daß der Staat, soweit 
er es für zweckentsprechend hält, befugt ist, auch einzelne, außer- 
halb der Innung stehende Meister, sogenannte Freimeister, und 
größere Gewerbetreibende zu ermächtigen. Damit war namentlich 
le Begründung größerer Fabrikunternehmungen ermöglicht, ohne 
daß deren Besitzer in die Innung einzutreten brauchten und den 
eschränkungen der Innungsmitglieder unterworfen waren. Wenn 
die Zünfte und der Zunftzwang auch fortbestehen, so ist doch die 
rundlage des Gewerberechtes eine andere geworden. Die Selb- 
ständigkeit des Zunftwesens ist ersetzt durch den alles regelnden 
taatswillen, das ganze Gewerberecht beruht auf dem Grundsatze 
uer staatlichen Genehmigung. « 
Nunmehr war auch erst der Boden geschaffen für eine all- 
gemeine Regelung des Gewerberechtes und die Beseitigung der 
Zunftmißbräuche. Während für Brandenburg und Preußen durch 
Sdikt vom 3. November 1686") die Erschwerungen bei Eintritt in 
E Zünfte beseitigt wurden, konnte für das Herzogtum Magdeburg 
— 
gel 8) Vgl. Bd. 1, S. 32. Dieser Grund wird auch zutreffend hervor- 
Joben von M. Meyer, a. a. O., Bd. 1, S. 54 ff. 
4) Mylius C. C. M. V. 2, 10 S. 246.
	        
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