8187 Geschichtliche Entwicklung des Gewerberechtes. 385
willen durch das ALR. unberührt, weil es nur eine subsidiäre
Geltung für sich in Anspruch nahm.
Erst mit der Aufhebung der ständischen Rechtsordnung und
der ständisch gegliederten Steuerverfassung war die Möglichkeit
begeben, auch die noch bestehenden Hemmnisse der freien gewerb-
ihen Entwicklung zu beseitigen. Bereits eine Verordnung vom
4. Juni 1806°) hatte in Preußen und Lithauen die Gilden, Zünfte
und Innungen der Garnzüchner, Leineweber und Baumwollen-=
beber aufgehoben und diese Gewerbe für frei erklärt. Demnächst
beseitigte das Edikt vom 29. März 1808190) Zunftzwang und
erkaufsmonopol des Müllergewerbes, die Verordnungen vom
4. Oktober 1808½) die gleichen Rechte der Bäcker-, Schlächter-
und Hökergewerbe in den Städten Ost- und Westpreußens.
ie Regierungsinstruktion vom 26. Dezember 1808 88 34, 50
nachte es dann den Regierungen zur Pflicht, alle Hinder-
nisse, welche der Einführung der vollständigen Gewerbefreiheit noch
in Wege ständen, möglichst aus dem Wege zu räumen, da der
Katürliche Gang der freien gewerblichen Entwicklung dem Staate
wie seinen Gliedern immer am zuträglichsten sei.
Die Wirtschaftsreform stand aber auch hier im engsten Zu-
sommenhange mit der Steuerreform, sie konnte erst erfolgen auf
Grund einer gleichmäßigen Besteuerung von Stadt und Land.
Sse Neugestaltung des Gewerberechts ist daher nicht ein Werk der
beinschen Verwaltungsreform, sondern der Hardenbergischen
’y* und Wirtschaftsreform. Sie erfolgte durch das Gewerbe-
rueredikt vom 2. November 181012) im engen Anschlusse an das
nanzösisch-westfälische Vorbild, namentlich das französische Dekret
dom 2.—17. März 179119) und das westfälische Patentsteuergesetz
m 5. August 180810).
vol Das französisch-westfälische Recht hatte abgesehen von gewissen
beilichen Beschränkungen eine allgemeine Gewerbefreiheit durch-
befü ührt gegen die Verpflichtung der Gewerbetreibenden, sich jährlich
i Steuerbehörde ein Steuerpatent zu lösen. Damit waren
er
eerbepolizeilichen und die gewerbesteuerlichen Gesichtspunkte
N. C. C. XII, S. 127. 10) N. C. C. XII, S. 813.
1a N. C. C. XII, 2 Nr. 53. 12) GS. 1810, S. 79.
4·½·*t# und Daniels, Handbuch Bd. 1, S. 510.
40 Ges.Bull., Bull. des lois 1808, Teil II, S. 275.
Bo .-
enhak,. Preuhisches Staatsrecht. III. 2. Aufl. 25