8187 Geschichtliche Entwicklung des Gewerberechtes. 387
Diese preußische Gewerbegesetzgebung wurde in den 1815 neu
und wieder erworbenen Landesteilen nicht eingeführt. Das auf den
hleichen Grundsätzen beruhende französische Gewerberecht mit seinen
Nachbildungen in den ehemals westfälischen, bergischen und hessischen
Gebieten galt jedoch im ganzen Umfange der westlichen Provinzen
mit Ausnahme des rechtsrheinischen Teiles des Regierungsbezirks
Koblenz und in dem Teile der Provinz Sachsen, der zum König-
reiche Westfalen gehört hatte. Für die Provinz Posen wurde durch
ein Gesetz vom 13. Mai 1833) die Aufhebung der ausschließlichen
Gewerbeberechtigungen gegen eine von den Gewerbetreibenden des
betreffenden Stadtbezirkes aufzubringende Entschädigung ebenfalls
angeordnet. Dagegen bestand in den übrigen Landesteilen, also
namentlich in Neuvorpommern und Rügen und in den von Sachsen
abgetretenen Gebieten die bisherige Gewerbeverfassung, insbesondere
das Zunftwesen, fort. Mit dem für den ganzen Staat ergangenen
Gewerbesteuergesetze vom 30. Mai 1820½) hörte die Knüpfung
des Gewerbebetriebes an die Bedingung der vorherigen Lösung des
Gewerbescheines, abgesehen von dem Hausiergewerbe, allgemein auf.
Es standen sich also nunmehr die volle Gewerbefreiheit des
preußisch-französischen Rechtes und das alte Zunftwesen in voller
chroffheit gegenüber.
Diese Rechtsverschiedenheit der einzelnen Landesteile wurde
erst beseitigt durch die allgemeine Gewerbeordnung vom 17. Januar
184520. Sie steht im allgemeinen auf dem Standpunkte der Ge-
werbefreiheit. Zum selbständigen Gewerbebetriebe wurde in der
egel nur ersordert Verfügungsfähigkeit und fester Wohnsitz, aus-
nahmsweise der Nachweis der Geschicklichkeit für einzelne Gewerbe,
bei denen zur Sicherheit des Publikums entweder die technische Be—
ähigung oder die sittliche Zuverlässigkeit dargetan werden mußte.
ür mehrere Gewerbe, deren Betrieb mit Gefahren oder Nachteilen
ür andere Personen verknüpft sein konnte, behielt man besondere
bolizeiliche Beschränkungen bei. Die Innungen blieben als freie
ereinigungen der Gewerbetreibenden bestehen. Wesentliche Be-
chränkungen erfuhr jedoch die Gewerbefreiheit demnächst durch
ie Verordnung vom 9. Februar 184919). Diese begründete die
(Q
16) GS. 1833, S. 52.
1) GE. 1820, S. 147. Vgl. auch 8 206.
1½) GS. 1845, S. 41. 19) G. 1849, S. 93.