Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

8192 Gewerbliche Arbeitsverhältnisse. 439 
des Gemeindevorstehers nachsuchen, in dessen Bezirke die streitige 
Verpflichtung zu erfüllen ist. An Stelle des Gemeindevorstehers 
können andere Organe mit dieser Aufgabe betraut werden. Soweit 
das Verfahren nicht durch Vergleich beendet wird, ist gegen die 
Entscheidung des Gemeindevorstehers binnen zehn Tagen die Be- 
rufung auf den ordentlichen Rechtsweg gegeben. 
Das Gewerbegericht hat nicht nur über streitige Rechtsfragen 
zu entscheiden. Es kann auch bei Streitigkeiten, welche zwischen. 
Arbeitgebern und Arbeitern über die Bedingungen der Fortsetzung 
oder Wiederaufnahme des Arbeitsverhältnisses entstehen, als 
Einigungsamt angerufen werden. Der Aurufung ist Folge zu 
geben, wenn sie von beiden Teilen erfolgt und die Arbeiter und 
Arbeitgeber, letztere, sofern ihre Zahl mehr als drei beträgt, ge- 
eignete Vertreter mit der Verhandlung beauftragen. Das Eini- 
gungsamt hat auf eine Vereinbarung hinzuwirken und, wenn eine 
solche nicht zustande kommt, einen Schiedsspruch abzugeben. Die 
Vereinbarung der Vertreter wie der Schiedsspruch sind jedoch, 
da es sich nicht um streitiges Recht, sondern um die zwischen den 
Parteien festzustellenden Arbeitsbedingungen handelt, der Voll- 
kecung nicht fähig. Sie haben Wirksamkeit nur insoweit, als 
ie Parteien sich ihnen freiwillig unterwerfen. 
In gleicher Weise können nach dem Gesetze vom 6. Juli 19041) 
zur Entscheidung von Streitigkeiten aus dem Dienst= und Lehr- 
verhältnisse zwischen Kaufleuten und Handlungsgehilfen und -lehr- 
ingen Kaufmannsgerichte errichtet werden. Voraussetzungen, Ein- 
richtung und Verfahren richten sich nach den für die Gewerbe- 
gerichte maßgebenden Grundsätzen. Doch können sie nicht für be- 
stimmte Arten von Betrieben oder Teile von Gemeinden errichtet 
werden, und die Berufung an das Landgericht ist erst bei Wert- 
beträgen über 300 M. zulässig. 
  
— 
11) REBl. 1904, S. 266. Bearxb. von Meyeren, Berlin 1905; 
v. Schulz, 2. Aufl., Berlin 1905.
	        
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