440 Das Verwaltungsrecht. 193
Kap. V. Das öffentliche Handelsrecht.
8 193. Das Münz-, Maß= und Gewichtswesen.
Nach Art. 4 Nr. 3 der Reichsverfassung unterliegt die Ord-
nung des Maß-, Münz= und Gewichtssystems nebst Feststellung
der Grundsätze über die Ausgabe von fundiertem und unfundiertem
Papiergelde der Beaufsichtigung und der Gesetzgebung des Reiches.
Von dieser Befugnis hat das Reich in erschöpfender Weise Gebrauch
gemacht, so daß das gesamte Münz-, Maß= und Gewichtswesen
gegenwärtig auf reichsrechtlichen Grundlagen beruht. Ein Zurück-
gehen auf die älteren landesrechtlichen Quellen erweist sich daher
als überflüssig.
J. Das Münzwesem). Der mitttelalterliche Staat be-
trachtete das Münzwesen vorzugsweise vom finanziellen Gesichts-
punkte als Einnahmequelle. Die öffentliche Beglaubigung des all-
gemeinen Tauschmittels nahm der Staat nicht umsonst vor, sondern
er suchte vor allen Dingen bei der Ausprägung Gewinn zu erzielen.
Diese Einnahme wurde zu einer regelmäßig wiederkehrenden, indem
es namentlich im 13. Jahrhundert üblich wurde, daß alljährlich
die alten Münzen gegen eine geringere Anzahl neue (für 16 alte
Pfennige 12 neue) umgetauscht werden mußten. Wie alle landes-
herrlichen Einnahmen wurde auch das Münzrecht, nachdem es
vom Reiche an die Landesherren übergegangen war, vielfach an
städtische Gemeinden wie an einzelne Personen veräußert. Die
spätere Auffassung behandelt daher das Münzrecht als ein soge-
nanntes niederes Regal, d. h. als ein staatliches Hoheitsrecht,
welches vermöge staatlicher Verleihung auch in den Besitz von
Privatpersonen gelangen kann. Bei dem Erstarken der Staats-
gewalt und der Zunahme des Verkehrs im 15. Jahrhundert war
es aber nicht mehr möglich, das Münzrecht noch weiterhin als
einen Gegenstand privater Finanzspekulation bestehen zu lassen.
Die nicht landesherrlichen Münzen, wie sie namentlich die Städte
besaßen, werden daher zunächst auf die Ausprägung von Scheide-
münzen beschränkt, dann auch in diesem beschränkten Umfange
1) Vgl. Soetbeer, Deutsche Münzverfassung, 4. Abt., Erlangen
1874.—1881; Koch, Art. Münzwesen in v. Holtzendorffs Rechtslexikon
Bb. 2, S. 821 sj.