Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

536 Das Verwaltungsrecht. 8 20 
Ministerwechsel erst in der folgenden Sitzungsperiode des Landtages 
eingebracht. Der Hauptunterschied von früheren Reformbestrebungen 
bestand darin, daß nicht die Einkommensteuer allein neu geregelt, 
sondern eine umfassende Reform der direkten Staats= un 
Kommunalsteuern vorgenommen werden sollte, in deren Rahmen 
naturgemäß vorzugsweise die Einkommensteuerreform ins Gewicht 
siel. Die Vorlage wurde vom Landtage mit wichtigen Aenderungen 
namentlich in den Stenersätzen angenommen und unter dem 
24. Juni 1891 als Gesetz verkündet, und gilt jetzt in der neuel 
gemäß Novelle vom 19. Juni 1906 verkündeten Fassung.:). Die 
erheblichsten Abweichungen vom bisherigen Rechte bestehen in der 
Verschmelzung der bisherigen Klassensteuer und klassifizierten Ein- 
kommensteuer zu einer einheitlichen Einkommensteuer, einer " 
änderung der Steuersätze im Interesse der Entlastung der unteren 
und mittleren Klassen, einer neuen Organisation der Einschätzungs- 
behörden und des Veranlagungsverfahrens. Das Gesetz gilt nach 
dem Gesetze vom 2. Juli 1900) auch den Hohenzollernschen Landen, 
dagegen nicht in Helgoland. 
Das Einkommensteuerrecht gestaltet sich nun folgendermaßen 
Der Besteuerung unterworfen ist das jährliche Einkommen. 
Das Gesetz enthält sich dabei einer Bestimmung, was es unter Ein- 
kommen versteht. Der von der Volkswirtschaftslehre aufgestelll 
Begriff des Einkommens ist abgesehen davon, daß er nicht aus den 
geltenden Rechte entnommen, also kein Rechtsbegriff ist, auch un 
deswillen nicht ohne weiteres zugrunde zu legen, weil die ver—- 
schiedenen wissenschaftlichen Richtungen der Volkswirtschaftslehr 
sich über den Einkommensbegriff noch keineswegs verständigt haben 
Es fragt sich daher, ob sich aus den gesehlichen Bestimmungen ein 
Rechtsbegriff des Einkommens unabhängig von dem volkswirtschaft- 
lichen Begriffe entwickeln läßt. Das Gesetz zählt einzeln aun 
was als Einkommen zu gelten hat, nämlich die gesamten Jahre— 
einkünfte, welche dem Steuerpflichtigen in Geld oder Geldeswer 
zufließen aus Kapitalvermögen, Grundvermögen, Handel, Gewer .„ 
Pachtungen und Rechten aus periodischen Hebungen oder aus 
— 
  
— * 9 
2) GS. 1906, S. 211. Novelle vom 26. Mai 1909 — G. 9* 
S. 349 —. Vgl. dazu Anweisung des Finanzministers zur Ausführ 
des Einkommenstenergesetzes vom 25. Juli 1906. 
3) G. 1900, S. 252.
	        
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