Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

8209 Die Reichssteuern. 573 
indirekten Steuern wenigstens bestritten, welcher Klasse sie zu- 
krechnen ist. Die Vermögenszuwachssteuer ist zweifellos eine 
irekte. „ 
Durch die Reichssteuer wird die Bewegungsfreiheit des Einzel- 
staates auf dem Gebiete der Besteuerung wesentlich beschränkt. 
Diese Beschränkung ist eine rechtliche bei den alten verfassungs- 
mäßigen Reichssteuern, hinsichtlich welcher das Reich eine aus- 
schließliche Besteuerung für sich in Anspruch nimmt. Bei den 
anderen Reichssteuern wäre es nicht ausgeschlossen, daß der Einzel- 
staat denselben steuerlichen Gegenstand für sich in Anspruch nimmt. 
Insbesondere erkennt das Erbschaftssteuergesetz vom 3. Juni 1906 
§88 58,591) ausdrücklich das Recht der Bundesstaaten an, für 
eigene Rechnung Zuschläge zu der veranlagten Steuer und eine 
Steuer in den reichsrechtlich befreiten Fällen, namentlich bei 
Erbschaften der Abkömmlinge und Ehegatten zu erheben, wovon 
freilich Preußen keinen Gebrauch gemacht hat. Aber tatsächlich 
wird, auch ohne daß das Reich ein ausschließliches Besteuerungs- 
recht für sich beansprucht, die Möglichkeit der Besteuerung durch 
den Einzelstaat wesentlich beschränkt, da jede Steuer sich nur 
bis zu einer gewissen Höhe bewegen kann, wenn sie nicht wirt- 
schaftlich vernichtend wirken soll. 
An dem Ertrage der Reichssteuern ist der Einzelstaat wirt- 
schaftlich interessiert durch die Ueberweisungen gewisser Teile des 
Ertrages durch das Reich an die Einzelstaaten. Das System der 
Ueberweisungen geht geschichtlich zurück auf die Frankensteinsche 
lausel von 1879 und ist im einzelnen mannigfachen Schwankungen 
und Veränderungen unterworfen gewesen, die hier nicht weiter zu 
verfolgen sind. Nach dem Gesetze vom 15. Juli 19092) ist nur 
noch die Branntweinsteuer eine Ueberweisungssteuer, deren Ertrag 
nach der Kopfzahl der Bevölkerung auf die Einzelstaaten zu 
berteilen ist. Die süddeutschen Staaten haben hierauf ein Reservat- 
recht. Aber auch für Preußen handelt es sich um ein gegen seinen 
Villen unentziehbares Recht wegen seines Vetos im Bundesrate 
insichtlich der alten verfassungsmäßigen Reichssteuern. Außer— 
ein ließt von der Erbschaftssteuer anfangs ein Drittel, seit 1909 
an Viertel ihres Rohertrages den Einzelstaaten zu. Hierauf hat 
RGBl. 1906, S. 620. 
2) RGEBl. 1909, S. 248.
	        
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