Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

658 Das Verwaltungsrecht. 8219 
die staatliche Aufsicht. Die Wiedereröffnung der Seminare der 
Diözesen Gnesen, Posen und Kulm ist königlicher Verordnung 
vorbehaltenss). Außerdem dürfen die kirchlichen Oberen Konvikte 
für Gymnasiasten und Studierende wieder errichten und die zur 
theologisch-praktischen Ausbildung bestimmten Anstalten wieder er— 
öffnen. Dem Minister sind die Statuten dieser Anstalten, ihre 
Hausordnung und die Namen der Leiter mitzuteilen. Dagegen 
bleibt die Errichtung von Knabenkonvikten, welche den Gymnasial- 
unterricht ersetzen sollen, untersagt. 
Vor der Uebertragung eines geistlichen Amtes, sofern sie 
dauernd ist, sind die geistlichen Oberen verpflichtet, den Kandi- 
daten dem Oberpräsidenten unter Bezeichnung des Amtes zu 
benennen. Dasselbe gilt bei Versetzung eines Geistlichen in ein 
anderes geistliches Amt oder bei Verwandlung der widerruflichen 
Anstellung in eine dauernde. Innerhalb dreißig Tagen nach der 
Benennung kann der Oberpräsident Einspruch gegen die Anstellung 
erheben. Der Einspruch ist nur zulässig, wenn der Anzustellende 
aus einem auf Tatsachen beruhenden Grunde, welcher dem bürger- 
lichen oder staatsbürgerlichen Rechte angehört, für die Stelle 
nicht geeignet ist. Gegen den Einspruch findet anstatt der früheren 
Entscheidung des kirchlichen Gerichtshofes jetzt nur noch die form- 
lose Beschwerde beim Kultusminister statt. Jedes Pfarrumt ist 
bei Strafe innerhalb eines Jahres nach der Erledigung wieder 
zu besetzen. Die nach der früheren Gesetzgebung bestehende Ver— 
pflichtung der geistlichen Oberen zur dauernden Besetzung der 
Seelsorgeämter ist seit 1887 fortgefallen. 
Anordnungen oder Vereinbarungen über Ausschluß oder Be- 
schränkung der Klagbarkeit von vermögensrechtlichen Ansprüchen, 
welche aus dem geistlichen Amtsverhältnisse hervorgehen, sind nur 
mit Genehmigung der Staatsbehörde zulässig. 
Die widerrechtliche Uebertragung oder Anmaßung eines geist- 
lichen Amtes, worunter aber das Lesen von Messen und dir 
Spendung der Sakramente nach der Revisionsnovelle von 1887 
nicht fällt, ist mit Strafe bedroht. 
Das staatliche Einspruchsrecht ist in den Fällen ausgeschlossemn 
in denen die Anstellung der Geistlichen durch Behörden erfolht 
—. 
25) Für Kulm vom 9. Mai 1887, für Posen und Gnesen vom 1. August 
1889, abgedruckt im Staatsanzeiger.
	        
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