8221 Der Staat und die katholische Kirche. 679
herzoglich hessischen Gebietsteile gehören zum Bistume Mainz, die
ehemals bayerischen zum Bistume Würzburg, die Hohenzollernschen
Lande zum Erzbistume Freiburg. Die Bischofswahl erfolgt in
Hannover und in der oberrheinischen Kirchenprovinz durch die
Kapitel. Die Kandidatenliste ist vorher der Regierung vorzulegen,
welche so viele Kandidaten streichen kann, daß aus den übrig ge-
bliebenen noch eine Wahl durch das Kapitel möglich iste).
Schleswig-Holstein gehört zum Vikariate des Nordens, das der
Bischof von Osnabrück als apostolischer Provikar verwaltet.
Die Wahrnehmung der staatlichen Rechte erfolgt in jedem
einzelnen Falle durch einen zu diesem Zwecke ernannten Kommissar,
der jedoch der Wahlhandlung nicht beiwohnt. Der Gewählte be-
darf demnächst der staatlichen Anerkennung, und hat dem Könige
den Eid der Treue und des Gehorsams zu leistento).
Außerdem stehen dem Staate noch besondere Befugnisse bei
Besetzung der Kanonikate und anderer Stiftsstellen zu. In den
alten Provinzen soll nach der Bulle De salute animarum der Papst
die Probstei und die in den Monaten Januar, März, Mai, Juli,
September und November erledigten Kanonikate an den Kathe-
dralen und an dem Kollegiatstifte zu Aachen auf die beim Breslauer
Kapitel hergebrachte Weise, der Bischof dagegen die Stelle des
Dekans und die in den übrigen Monaten vakant werdenden Kanoni-
kate und sämtliche Domvikariate besetzen. Die Breslauer Weise,
welche dadurch zu der gemeinrechtlichen geworden ist, bestand darin,
daß unterschieden wurde zwischen der Bezeichnung der Person
und der Verleihung, und erstere vom Landesherren ausgeübt
wurde. In Hannover und in der oberrheinischen Kirchenprovinz
werden nach den Cirkumskriptionsbullen die Stelle des Dekans,
die Kanonikate und Domvikariate derart besetzt, daß abwechselnd
in dem einen Erledigungsfalle der Bischof, in dem anderen das
Kapitel dem Landesherren binnen sechs Wochen nach eingetretener
Erledigung vier Kandidaten vorschlägt, und nach Streichung der
nicht genehmen der Bischof oder das Kapitel aus den nicht be-
—
9) Nach kirchlicher Auffassung müssen drei, nach staatlicher zwei Namen
Übrig bleiben. Vgl. über die umfangreiche Literatur Hinschius, Kirchen-
recht Bd. 2, S. 682.
10) Die Fassung ist vorgeschrieben durch Verordnung vom 13. Februar
1887 — GEe. 1887, S. 11 —.