8224 Das Bolksschulwesen. 719
V. Hinsichtlich des Lehrpersonals scheidet sich das Gebiet der
Gesetzgebung und der ministeriellen Erlasse im allgemeinen nach
dem Gesichtspunkte, daß die Anstellungsbefugnisse und die finan-
ziellen Lasten durch Gesetz, die persönlichen Erfordernisse des Lehr-
personals, insbesondere die Art und Weise der Vorbildung, durch
ministerielle Erlasse den jeweiligen Bedürfnissen entsprechend fest-
gestellt werden.
Die Stellung des Lehrpersonals im allgemeinen, namentlich
die Frage ihrer Beamteneigenschaft ist bei der fortdauernden Sus-
pension des Art. 23 der Verfassungsurkunde zwar nirgends ge-
setzlich festgestellt, ergibt sich aber aus den allgemeinen Grund-
sätzen des preußischen Volksschulwesens. Aus dem Charakter der
Schule als einer staatlichen Veranstaltung folgt mit Notwendigkeit,
daß die bei ihr beschäftigten Personen Staatsbeamte sind. Sind
sie nun unmittelbare oder mittelbare Staatsbeamte? Es lommt
dabei nicht auf den Inhalt der Dienste, sondern darauf an, wem
gegenüber das Dienstverhältnis begründet ist. Das ist im all-
gemeinen der Schulverband, der auch im wesentlichen das Gehalt
zu zahlen hatos). Doch sind die Lehrer als mittelbare Staatsbeamte
nicht Gemeindebeamte im Sinne des Kommunalbeamtengesetzes.
Im allgemeinen ist die Frage von geringer Bedeutung, da alle
Rechtsverhältnisse der Lehrer besonders geregelt sind.
Darüber, wer die Lehrer anzustellen hat, fehlt cs an all-
gemeinen Rechtsgrundsätzen. Aus der früheren Verbindung des
Schulamtes mit dem Kirchenamte ergab sich als älterer gemeinrecht-
licher Grundsatz, daß die Anstellungsbefugnis dem Kirchenpatrone,
also für die Regel in den Städten dem Magistrate, auf dem flachen
Lande dem Gutsherren zustand. Nach Loslösung der Schule von
der Kirche konnte das Recht nicht mehr dem Kirchenpatrone als
solchen gebühren, das ALR. II, 12 8 22 bezeichnet daher als
Anstellungsberechtigten für die Regel die Gerichtsobrigkeit, während
die sonstige preußische Gesetzgebung und die Verwaltungspraxis von
einem Schulpatrone sprichtso). Hiernach ist in den Städten in
38) Anderer Ansicht Entsch, des Reichsgerichts in Zivilsachen Bd. 80,
S. 339 ff.
39) Die Entsch. des OVG. vom 16. Mai 1886, Bd. 12, S. 204 ver-
wahrt sich gegen die Bezeichnung „Schulpatronat“, da ein solches dem
AdLn. fremd sei. Allein das ALs. ist doch nicht die einzige Quelle des