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der Regel der Magistrat, auf dem slachen Lande der frühere
Gutsherr anstellungsberechtigt. Soweit ein Gutsherr nicht vor—
handen ist, muß die Anstellung durch den Gemeinde= oder Schul
vorstand erfolgen. Aehnliche Bestimmungen bestehen in den neuen
Provinzen. Sämtliche Volksschullehrer bedürfen der Bestätigung
durch die Regierung, welche in den ehemaligen Domänendörfern
die Lehrer unmittelbar anzustellen hat. In der Rheinprovinz er
solgt nach der Verordnung vom 6. Mai 1814 § 8 die Anstellung
durch die Regierung auf Vorschlag des Gemeinde- bzw. Schul
vorstandes. Besondere Vorschriften sind durch das Gesetz vom
15. Juli 188646), um den Polonisierungsbestrebungen entgegen-
zuwirken, für die Provinzen Posen und Westpreußen getroffen
worden. Die Ernennung gebührt hier allgemein dem Staate,
also der Regierung, nach Anhörung des Gemeinde= bzw. Schul-
vorstandes über Einwendungen gegen die Person des zu Ernennen-
den. Das bisherige Ernennungssystem ist jedoch bestehen geblieben
für die Stadtkreise, für die westpreußischen Städte mit mehr als
10 000 Einwohnern, welche dies beantragen, und für die Kreise
D. Krone, Marienburg, Rosenberg und Elbing.
Das Volksschulunterhaltungsgesetz regelt die Lehrerberufung
im Anschlusse an das bestehende Recht, wobei bisher schon be-
sichende weiter gehende Rechte der Gemeinden und Gutsbezirke,
die einen eigenen Schulverband bilden, ausdrücklich aufrecht er-
halten werden. Die Rektoren und Hauptlehrer werden nach An-
hörung der Schulverbandsorgane von der Schulaussichtsbehörde
ernannt. Die Ernennung der übrigen Lehrer erfolgt aus der
Zahl der Befähigten durch Wahl der Gemeindebehörde. In Schul-
verbänden mit 25 oder weniger Stellen geschieht die Wahl aus
drei von der Aufsichtsbehörde als befähigt Bezeichneten. In Schul-
verbänden, die aus einer Gemeinde, aus einem Gutsbezirke oder
aus mehreren, demselben Gutsbesitzer gehörenden Gutsbezirken be-
preußischen Schulrechts, und zur Zusammenfassung der dem Gutsherren
obliegenden Rechte und Pflichten erscheint das Wort „Schulpatronat“ sehr
wohl geeignet. Jedenfalls entspricht der landrechtliche Sprachgebrauch, wo
von der Gerichtsobrigkeit die Rede ist, den heutigen Verhältnissen noch viel
weniger. Uebrigens handelt es sich bei dem gutsherrlichen Schulpatronate
um eine absterbende Einrichtung, die nur noch für Posen und Westpreußen
in Betracht kommt.
40) GS. 1886, S. 185.