8224 Das Volksschulwesen. 723
der Verfassungsurkunde sich das Recht des Staates auf diese
Prüfung beschränkt, und die Erteilung von Unterricht, sowie die
Errichtung von Unterrichtsanstalten nur den Nachweis der sitt-
lichen, wissenschaftlichen und technischen Bildung erfordert, steht
das geltende Recht auf einem wesentlich anderen Standpunkte.
Es wird dabei unterschieden zwischen Privatunterrichtsanstalten
und Privatlehrern“#).
Privatunterrichts= und Erziehungsanstalten bedürfen einer be-
sonderen staatlichen Genehmigung. Deren Erteilung ist bedingt=
von dem Nachweise eines vorhandenen Bedürfnisses und der sitt-
lichen und wissenschaftlichen Befähigung des Unternehmers. Ebenso
dürfen zum Unterrichte an der Anstalt nur entsprechend befähigte
Personen zugelassen werden. Die Zurücknahme der Genehmigung
kann erfolgen wegen Unrichtigkeit der Nachweise oder, wenn aus
Handlungen oder Unterlassungen des Inhabers der Mangel der
erforderlichen Eigenschaften klar erhellt. Die Aufsichtsbehörde hat
gegen den Unternehmer wie gegen das Lehrpersonal ein Ordnungs-
strafrecht. Im Verhältnisse zum Publikum nimmt der Unter-
nehmer keine andere Stellung ein als der Inhaber jedes sonstigen
gewerblichen Unternehmens, die daraus erwachsenden rechtlichen
Beziehungen sind also durchaus privatrechtlicher Natur.
Bei den Privatlehrern wird unterschieden zwischen Privat-
lehrern überhaupt und Hauslehrern. Erstere bedürfen, wenn sie
Unerwachsene in Lehrgegenständen unterrichten wollen, die auch
in der öffentlichen Schule gelehrt werden, einer besonderen, nur
für ein Jahr und nur für einen Ort zu erteilenden Erlaubnis,
deren Erteilung von dem Bestehen der Lehrerprüfung und dem
Nachweise der sittlichen Tüchtigkeit abhängig ist. Die Erlaubnis
ist zu versagen, wenn die betreffende Person in religiöser oder
politischer Beziehung Bedenken erregt. Für den Unterricht in
44) Die Rechtsquellen bilden das ALR. II, 12 88 3—8, die Kabinetts-
order vom 10. Juni 1834 — GS. 1834, S. 135 — und die Staats-
ministerialinstruktion vom 31. Dezember 1830 — Mhl. der inn. Verw.
1840, S. 94 —, ergänzt durch Reskripte vom 12. April 1842 — a. a. O.
1842, S. 119 — und 22. August 1866 — a. a. O. 1866, S. 211 —.
Wegen der Anwendbarkeit dieser Grundsätze in den neuen Provinzen vgl.
Verf. vom 18. Februar 1887 — Centr. Bl. der Unterrichtsverwaltung 1887,
S. 396 —.
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