Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

74 Das Verwaltungsrecht. 8157 
ist hier lediglich auf den Abschnitt über die Verwaltungsgerichtsbar- 
keit zu verweisen#). 
Zu dieser in den Formen des Zivil= oder Strafprozesses zu 
handhabenden Tätigkeit der ordentlichen Gerichte kommen endlich 
noch die Fälle der sogenannten freiwilligen Gerichtsbarkeit. Bei 
ihr handelt es sich nicht um die Entscheidung eines Rechtsstreites, 
sondern um Amtshandlungen der verschiedensten Art, meistens um 
Beurkundungsakte, welche für das Zustandekommen gewisser Rechts- 
geschäfte wesentlich sind. Während das französische Recht von seinem 
Standpunkte der Teilung der Gewalten in dieser Tätigkeit eine 
inhaltlich von jeder anderen Staatstätigkeit verschiedene Aufgabe 
nicht zu erkennen vermag und sie deshalb den ordentlichen Ge- 
richten entzieht, lag für das deutsche Recht, welches hinsichtlich 
der Umgrenzung der richterlichen Tätigkeit einen einheitlichen 
Grundsatz überhaupt nicht aufstellt, keine Veranlassung vor, die 
Gerichte auf die streitigen Sachen zu beschränken. Der Charakter 
der freiwilligen Gerichtsbarkeit als einer Gerichtsbarkeit zeigt sich 
in zwei Punkten, einmal darin, daß der Richter auch bei der frei- 
willigen Gerichtsbarkeit an gewisse, den prozessualischen ent- 
sprechende Formen gebunden ist, und ferner darin, daß das be- 
sondere Unterordnungsverhältnis der richterlichen Behörden gegen- 
uber den übergeordneten Behörden und dem Könige auch hinsichtlich 
ihrer Tätigkeit auf dem Gebiete der freiwilligen Gerichtsbarkeit 
Platz greift. Welche Angelegenheiten zur freiwilligen Gerichtsbarkeit 
gehören, läßt sich aber ebenfalls wieder nicht durch Aufstellung 
Cines einheitlichen Grundsatzes beantworten. Die freiwillige Ge- 
richtsbarkeit ist vielmehr das Ergebnis der deutschen Rechtsent- 
wicklung seit Ende des Mittelalters und beruht auf Einzelbestim- 
mungen des positiven Rechts. Die Gegenstände der freiwilligen 
Gerichtsbarkeit müssen deren besonderer Darstellung vorbehalten 
bleiben. 
Zur Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte gehört also die 
Entscheidung der Rechtsstreitigkeiten aus einer privatrechtlichen 
Grundlage und der Anklagen wegen eines strafbaren Bruches der 
Rechtsordnung, weiterhin die Entscheidung verwaltungsrechtlicher 
12) Vgl. über die geschichtliche Entwicklung § 137, über den heutigen 
Umsang der Verwaltungsgerichtsbarkeit der Gerichte § 143.
	        
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