Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

82 Das Verwaltungorecht. 5 158 
erster Instanz zuständige Gericht eine Entscheidung gefällt hat. 
Das vorgesetzte Gericht kann also niemals anders mit einer Sache 
besaßt werden, als wenn bereits eine Entscheidung des Gerichts 
erster Instanz vorliegt. Damit ist nicht gesagt, daß das unter- 
geordnete Gericht seine Tätigkeit nur auf die Verwerfung von 
Rechtsmitteln oder die Abänderung der Entscheidungen der unteren 
Instanzen, mögen diese Entscheidungen Urteile, Beschlüsse oder 
Verfügungen sein, zu beschränken hätte. Das übergeordnete Gericht 
kann auch eine Sache in den gesetzlich vorgesehenen Fällen an die 
Vorinstanz zurückverweisen und dieser eine Anweisung darüber 
geben, welche Rechtsauffassung sie ihrer Entscheidung zugrunde zu 
legen hat. Nur so viel ist allgemein gültiger Grundsatz, daß die 
höhere Instanz eine Entscheidung nur fällen kann, wenn die Vor- 
instanzen bereits entschieden haben. 
Endlich drittens darf das übergeordnete Gericht niemals von 
Amts wegen, sondern nur dann einschreiten, wenn die Sache nach 
MWMaßgabe der prozessualischen Bestimmungen mittels Einlegung 
des gesetzlich zulässigen Rechtsmittels seitens einer an dem Ver- 
fahren beteiligten Partei, mag dies eine Privatperson oder eine 
staatliche Behörde sein, vor die höhere Instanz gebracht wird. 
Während in anderen Zweigen der staatlichen Tätigkeit die über- 
geordnete Behörde die Anordnungen der ihr unterstellten Staats- 
organe auch von Amts wegen abzuändern oder aufzuheben befugt 
ist, erscheint ein solches Einschreiten von Amts wegen auf dem 
Gebiete der Rechtsprechung unbedingt ausgeschlossen. 
Die Tätigkeit der Staatsbehörden in denjenigen Angelegen- 
heiten, welche Gegenstand der Rechtsprechung sind, ist also gänzlich 
unabhängig von jeder Einwirkung des Königs auf die Entscheidung 
des einzelnen Falles und unabhängig von der Einwirkung der 
vorgesetzten Behörde insofern, als eine solche nur stattfinden darl 
seitens der innerhalb des richterlichen Behördenorganismus vor- 
gesetzten Gerichte, nur dann, wenn das untergeordnete Gericht 
bereits eine Entscheidung getroffen hat, und nur dann, wenn die 
Sache seitens einer der beteiligten Parteien mittels Einlegung des 
gesetzlich vorgeschriebenen Rechtsmittels an die höhere Instans 
gebracht wird. 
Im Gegensatze zu der Rechtsprechung steht die Justiz= 
verwaltung. Die Verfassungsurkunde enthält auch hier keine Be-
	        
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