Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

84 Das Verwaltungsrecht. 8 159 
nur zum Teile aus richterlichen Organen. Die höheren Behörden 
der Justizverwaltung sind auch nicht darauf beschränkt, bereits 
von der Vorinstanz erledigte Fälle auf Antrag einer Partei noch- 
mals zu prüfen und zu entscheiden, sondern sie können unbedingt 
die ihnen untergeordneten Organe mit Anweisungen versehen und 
von Amts wegen einschreiten. Die Iustizverwaltung ist also eine 
Verwaltungstätigkeit, für welche keinc der für die Rechtsprechung 
zur Sicherung der richterlichen Unabhängigkeit aufgestellten recht- 
lichen Schranken besteht. 
Rechtsprechung und Justizverwaltung befinden sich also zu- 
einander in einem ähnlichen Verhältnisse wie Militärkommando 
und Militärverwaltung. Bei der Rechtsprechung wie bei dem 
Militärkommando sind die gewöhnlichen Regeln der staatlichen Ver- 
waltung durchbrochen, allerdings nach entgegengesetzter Richtung 
hin, indem bei der Rechtsprechung die Einwirkung des Königs 
und der vorgesetzten Behörden ganz besonders abgeschwächt, bei 
dem Militärkommando im Gegenteile ganz außerordentlich ver- 
stärkt ist. Für beide Zweige der staatlichen Aufgaben gibt es 
aber noch eine besondere Hilfstätigkeit, die Justiz= und Militär- 
verwaltung, welche die Hauptaufgabe vorzubereiten bestimmt ist- 
Und für diese Hilfstätigkeit greift in beiden Verwaltungsgebieten 
das regelmäßige Verhältnis der staatlichen Verwaltung, welches 
für den Hauptzweig durchbrochen war, wieder Platz. 
In den folgenden Paragraphen dieses Abschnitts ist zunächst 
die Rechtsprechung nach ihren Haupt= und Hilfsorganen (Gerichts. 
behörden, Staatsanwaltschaft, Rechtsanwaltschaft und Notariat) 
und nach ihren Aufgaben (streitige und freiwillige Gerichtsbarkeit,) 
und darauf in derselben Weise die Iunstizverwaltung zu behandeln. 
§ 159. Der Orgauismus der Gerichtsbehörden 1. 
Indem das Reich von der ihm verfassungsmäßig zustehenden 
Befugnis der reichsgesetzlichen Regelung des gerichtlichen Verfahrens 
durch Erlaß einer Zivilprozeßordnung und einer Strafprozeß- 
ordnung Gebrauch machte, ergab sich bei dem engen Zusammen- 
hange des Verfahrens und der Gerichtsverfassung auch die Not- 
1) Vgl. W. Turnau, Die Junstizverfassung in Preußen nach Reichs= 
und Landesrecht, Berlin 1880 f.; Jahrbuch der preußischen Gerichts- 
vorfassung, bearbeitet im Justizministerium, Berlin 1912.
	        
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