Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

l 159 Der Organismus der Gerichtsbehörden. 85 
wendigkeit einer reichsrechtlichen Regelung der letzteren. Sie ist 
erfolgt durch das Gerichtsverfassungsgesetz vom 27. Januar 1877 
in der Fassung des Gesetzes vom 17. Mai 1898 mit Ergänzung 
vom 1. Juni 1909. Dieses hat zum Gegenstande allein die Organi- 
sation der für die Ausübung der streitigen Gerichtsbarkeit bestimmten 
Gerichte, während diejenige der Behörden für die freiwillige Gerichts- 
barkeit noch zum Teil der Landesgesetzgebung überlassen ist. Trotzdieser 
reichsrechtlichen Regelung der Gerichtsverfassung sind die Gerichte 
mit Ausnahme des Reichsgerichts, auch soweit es sich um die streitige 
Gerichtsbarkeit handelt, Behörden der Einzelstaaten geblieben und 
haben namens der Einzelstaaten Recht zu sprechen. Das Reich 
beschränkt sich darauf, allgemeine Normen über die Organisation 
der Gerichte zu geben, die Gerichtsbarkeit selbst überläßt es aber 
mit Ausnahme derjenigen in höchster Instanz den Einzelstaaten. 
Unter diesen Umständen kann von einer Souveränetät der Einzel- 
staaten auf dem Gebiete der streitigen Gerichtsbarkeit allerdings 
nicht mehr die Rede sein. Deun nicht nur gibt das Reich die 
Normen darüber, in welcher Weise die Gerichtsbarkeit zu hand- 
haben ist, es übt auch selbst die Gerichtsbarkeit höchster Instanz 
und damit eine fortlaufende Aufsicht über den richterlichen Be- 
hördenorganismus der Einzelstaaten, der erst in dem Reichsgerichte 
seinen Abschluß findet. Die Einzelstaaten nehmen daher hinsichtlich 
er vom Reiche geregelten Gerichtsbarkeit und des dafür erforder- 
lichen Behördenorganismus kaum eine andere Stellung ein als der 
kommunalverband zum Staate. Die Organe der Gerichtsbarkeit 
sind im wesentlichen unmittelbare oder mittelbare Reichsbehörden. 
Innerhalb dieser reichsrechtlichen Schranken hat nach Art. 89 
der Verfassungsurkunde die Organisation der Gerichte durch Gesetz 
zu erfolgen. Es können also die Bestimmungen über die Bildung 
er Gerichte, ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit nur durch 
esetz getroffen werden. Diese organisatorischen Vorschriften sind 
orzugsweise enthalten in dem preußischen Ausführungsgesetze zum 
erichtsverfassungsgesetze vom 24. April 1878 mit Ergänzung 
vom 21. September 18992). Die Bezirke der Oberlandesgerichte 
und Landgerichte, sowie die Sitze dieser Behörden sind durch ein 
Jonderes Ceset vom 4. März 18788) festgesetzt worden. Dagegen 
2) GS. 1878, S. 230; 1899, S. 219. 
8) GS. 1878, S. 109 ff.
	        
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