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Bis dahin ist die Bestimmung über die religiöse
Erziehung ein Ausfluß des Erziehungsrechtes
überhaupt. Sie steht für eheliche Kinder dem
Vater, für uneheliche der Mutter zu. Mangels
einer Bestimmung folgen eheliche Kinder der Re-
ligion des Vaters, uneheliche der Mutter. Ist diese
unbekannt, so bestimmt der Vormund mit Zu-
stimmung der Staatsbehörde. Der Mutter steht
mit Genehmigung der Staatsbehörde das Recht
zu, eine Änderung zu bestimmen, wenn auf sie
das Erziehungsrecht übergegangen ist. Aus dem
betreffenden Religionsbekenntnisse ergibt sich der
Zwang zur Teilnahme am Religionsunterrichte
der öffentlichen Schule.
Mehrere Personen derselben religiösen Über-
zeugung, die zum gemeinsamen Kultus vereinigt
sind, bilden eine Religionsgesellschaft. Die ver-
schiedenen Religionsgemeinschaften sind in ihren
äußeren Rechtsverhältnissen der Ordnung des
Staates unterworfen. Alle Religionsgemeinschaf-
ten haben das Recht der freien Gottesverehrung,
und zwar nicht bloß ım häuslichen Kreise, sondern
allgemein.
Im übrigen werden drei Gruppen unterschieden:
a. die vereinigte evangelisch-protestantische und
die katholische Kirche, b. die übrigen, bis zum
Erlasse des Gesetzes vom 9. Oktober 1860 im
Großherzogtume aufgenommenen und geduldeten
Religionsgemeinschaften, c. andere religiöse Ver-
eine.
Die unterste Stufe bilden die reinen Privat-
vereine. Mehrere Bekenner desselben religiösen
Glaubens können sich zu einem Vereine zusammen-
tun. Solcher ist ein reiner Privatverein ohne
juristische Persönlichkeit. Diese wird auch nicht
durch Eintragung in das Vereinsregister erlangt,
da in dieser Beziehung das Landesrecht vorbe-