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Erfahrungen der Verwaltung für die gesetz-
geberische Tätigkeit nutzbar gemacht werden
können. |
Der Gang der Gesetzgebung beginnt erst mit
der Einbringung des Entwurfes bei der Volks-
vertretung, mit der gesetzgeberischen Initiative.
Die älteren deutschen Verfassungsurkunden, auch
die badische, wollten in Überspannung des mon-
archischen Prinzips nur dem Monarchen die Ini-
tiative einräumen und gestanden der Volksver-
tretung nur das Recht zu — das sie natürlich
auch jetzt noch hat, — den Monarchen unter
Angabe der Gründe um den Vorschlag eines Ge-
setzes zu bitten — sog. Motion — (V.U. 8 67).
Das ist später aufgegeben, in Baden durch die
neunte Verfassungsänderung vom 21. Dezember
1869: „Das Recht, Gesetze vorzuschlagen, steht
dem Großherzog sowie jeder Kammer zu“ ($ 65a
V.U.). Die Initiative hat daher sowohl der Groß-
herzog durch seine Regierung und jede Kammer,
innerhalb deren jedes Mitglied mit der geschäfts-
ordnungsmäßigen Unterstützung (erste Kammer
drei, zweite zehn Mitglieder) die entsprechenden
Anträge stellen kann. Tatsächlich gehen die
meisten Gesetzesvorlagen aus der Initiative der
Regierung hervor. Initiativanträge einer der
beiden Kammern bilden die verschwindende Aus-
nahme.
Wenn die Regierung die Initiative ergreift,
hat sie im allgemeinen freie Wahl, welche
Kammer sie zuerst mit einer Vorlage befassen
will. Nur Rechnungsnachweisungen, Steuer- und
Finanzgesetze gehen nach allgemeinem konstitu-
tionellen Brauche zuerst an die zweite Kammer
(88 60, 61 V.U.). Daß die erste Kammer Finanz-
gesetzentwürfe nur im ganzen ohne Abänderung
annehmen oder ablehnen konnte, ist durch die