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Staatsgewalt auch das der Gesetzgebung in der
Person des Großherzogs vereinigt ist. Die Ein-
gangsformel der Gesetze hat stets das wahre
Rechtsverhältnis zum Ausdrucke gebracht:
„Mit Zustimmung Unserer getreuen Stände haben
Wir beschlossen und verordnen, wie folgt.“ Die
Form der Sanktion ist die unterschriftliche Voll-
ziehung des Gesetzes durch den Großherzog. Da-
mit ist das Gesetz rechtsgültig zur Entstehung
gelangt.
Aber das rechtsgültige Gesetz ist noch nicht
verbindlich, da das Publikum von dem ım Ka-
binette des Monarchen sich vollziehenden Vor-
gange der Sanktion nichts weiß. Die Verbind-
lichkeit wird erst begründet mit der Verkündi-
gung oder Publikation, welche die Verfassungs-
urkunde $ 66 im Anschlusse an den älteren Sprach-
gebrauch als Promulgation bezeichnet. Den ent-
sprechenden Verkündigungsbefehl erteilt der
Großherzog gleichzeitig mit der Sanktion.
Die Verkündigung geschieht seit 1803 durch
ein amtliches Blatt, das früher als Regierungs-
blatt bezeichnet wurde und seit 1869 Gesetzes-
und Verordnungsblatt heißt unter Redaktion
durch das Sekretariat des großherzoglichen Staats-
ministeriums. Soweit kein anderer Zeitpunkt an-
gegeben, tritt das Gesetz mit seiner Verkündigung
in Kraft, sobald die Verkündigung bekannt sein
kann.
Die Prüfung der Rechtsgültigkeit gehörig ver-
kündeter Gesetze und Verordnungen ist nach
badischem Verfassungsrechte weder unmittelbar
noch mittelbar ausgeschlossen und daher nach all-
gemeinen Grundsätzen zu entscheiden.
Es ist daher von den zur Gesetzanwendung
Berufenen zunächst die gehörige Verkündigung
zu prüfen. Der Beweis wird geführt durch Ab-