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urkunde findet zwar ihren Rechtsgrund in dem
bis dahin absoluten Gesetzgebungsrechte des Mon-
archen. Die in ihr dem Monarchen auferlegten
Selbstbeschränkungen sind aber dauernde gewor-
den, da er sich von ihnen nicht. einseitig wieder
befreien, die Verfassungsurkunde vielmehr nur
in den besonders erschwerten Formen der Ver-
fassungsgesetzgebung wieder abändern kann.
„Kein Gesetz, das die Verfassungsurkunde er-
gänzt, erläutert oder abändert, darf ohne Zustim-
mung einer Mehrheit von zwei Dritteln der an-
wesenden Ständeglieder einer jeder der beiden
Kammern gegeben werden“ (V.U. & 64). Über-
dies gehören zur Beschlußfähigkeit in jeder Kam-
mer drei Viertel der Mitglieder (V.U. & 73).
2. Rechtsnormen, welche die Freiheit der Per-
sonen oder das Eigentum der Staatsangehörigen
betreffen (V.U. 8 65). Hiermit werden das ge-
samte Privat-, Straf- und Prozeßrecht, aber auch
wichtige Teile des Verwaltungsrechtes der Ge-
setzgebung vorbehalten. Keineswegs handelt es
sich aber um alle Rechtsnormen. Gerade die hier
getroffene Abgrenzung läßt Raum für selbstän-
dige Rechtsverordnungen des Landesherren. Es
entsteht aber im einzelnen vielfach die schwierige
Frage, ob ein Gegenstand der Gesetzgebung oder
der Verordnung anheimfällt.e Schon die Ver-
fassungsurkunde hat das vorausgesehen, indem sie
in 67 bestimmt, daß Verordnungen, worinnen Be-
stimmungen eingeflossen, wodurch die Kammern
ihr Zustimmungsrecht für gekränkt erachten, auf
ihre erhobene gegründete Beschwerde sogleich
auber Wirksamkeit gesetzt werden sollen. Außer-
dem haben die Beteiligten, namentlich die Be-
hörden bei der Rechtsanwendung selbständig zu
prüfen, ob die Verordnung nicht in das Gebiet
der Gesetzgebung übergegriffen hat und der Ver-