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den politischen und nationalen Forderungen der nächsten
Jahrzehnte gegenüber, und es durfte nicht wundernehmen,
wenn der Widerstand gegen die Reaction fast gleichbedeutend
mit der Bekämpfung des anscheinend so einfachen und ehr-
lichen Princips wurde, welches kein Gegner staatlicher Fort-
entwickelung auf seine Fahne zu schreiben vergaß.
Ueberdies sind nur wenige der nach Napoleon's Sturze
wiedereingesetzten legitimen Fürsten im Stande gewesen, das
Princip zu Ehren zu bringen, dem sie ihre Restauration ver-
dankten. Wohl aber wurden in Spanien, Neapel, Piemont die
Lüge, der Meineid und der Verfassungsbruch durch die Be-
rufung auf das Legitimitätsprincip beschönigt.
So natürlich es deshalb auch sein mochte, mit den un-
würdigen Vertretern der Legitimität diese selbst zu verwerfen,
es wäre dennoch ungerecht, wollte man das Legitimitätsprincip
schiechthin um seiner praktischen Verwerthung willen ver-
dammen. Die Aufstellung der Legitimitätstheorie geschah so
sehr unter der natürlichen Einwirkung der ihr vorhergehenden
Ereignisse und trägt so dentlich die Absicht an der Stirn,
diesen Ereignissen und Zuständen, in deren Verurtheilung
ganz Europa damals einig war, für alle Zukunft kräftig
vorzubeugen, daß wir zu ihrem Verständnisse den Hinweis auf
die unter dem Schutze der Legitimität begangenen Nichtswür-
digkeiten nicht im entferntesten nöthig haben. Das Legitimi-
tätsprincip forderte nach Talleyrand's Lehre anfänglich nichts
anderes und konnte auch nichts anderes fordern als die
Wiederherstellung und fortdauernde Geltung der in
langer historischer Entwickelung gewordenen, der
überkommenen Staaten und Dynastien. Gerade der
erst vom französischen Volke, dann von Napoleon in Anspruch
genommenen Gewalt, den geschichtlichen Bestand der europäi-
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