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werben soll 1), der Legitimität der Charakter der Rechtmäßigkeit
Lenommen wird, falls man nicht zu einer Verjährungstheorie
seine Zuflucht nehmen will, welche gerade dem Legitimitäts-
princip, wie es seit Talleyrand aufgefaßt wurde und auch nach
Malte-Brun's Meinung aufgefaßt werden soll, diametral ent-
gegenläuft. Denn wie Talleyrand allen legitimen Dynastien
den Charakter der Legitimität als eine unauslöschliche, weder
durch Zeit, noch Usurpation vertilgbare Eigenschaft aufdrückt
und damit auch die Illegitimität des Usurpators verewigt,
ebenso kann auch Malte-Brun die Legitimität nicht als das
Product des Ablaufs einer noch so langen Zeit betrachten,
ohne ihr den Charakter erhabener, unerschütterlicher Festigkeit
gerade den Wandlungen der Zeit gegenüber zu nehmen. Nichts-
desteweniger behauptet der unklare Schriftsteller geradezu: die
Lebenskraft des Legitimitätsprincips sei so groß, daß es selbst
ins Herz verwundet sofort wieder zu keimen und zu wachsen
beginne ), mit andern Worten, es gebe keine dauernde Illegi-
timität, und demzufolge sei auch die Legitimität eines bestimmten
Fürstenhauses nichts Ewiges und Unzerstörbares, sondern jede
Usurpation werde langsam in legitime Herrschaft verwandelt.
Es ist hier nicht der Ort, um über die Richtigkeit oder
Unrichtigkeit dieser Behauptung zu entscheiden; von dem Stand-
punkte Malte-Brun's und der Legitimisten aus war sie jeden-
falls unrichtig. Denn nach ihr mußte auch die Berufung auf
die göttliche Einsetzung der legitimen Fürsten dem ursprünglich
illegitimen Herrscher zustehen, wenn die Zeit seiner Herrschaft
den Charakter der Heiligkeit und Legitimität verliehen hatte;
die Legitimität mußte hiernach zu einem rein historischen Merk-
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1) Malte-Brun, a. a. O., S. 23.
„:) Ebendas., S. 51.