Full text: Das Legitimitätsprincip.

115 
Charakter aufprägte, der allen übrigen Verhältnissen und Ein- 
richtungen fehlte: Und dann, was war es anders als eine 
Verdammung zu ewigem Stillstande, wenn de Maistre alles 
Bestehende für göttlich erklärte, nur die Schöpfungen der Re- 
sormation und der letzten Revolution nicht? Hieß es nicht, 
die alten Institutionen des Staats um einer ihnen willkürlich 
verliehenen Heiligkeit willen für unabänderlich erklären und 
dem unheiligen, verbrecherischen Fortschritt ein für allemal 
einen Riegel vorschieben? Mochten die Anhänger der gött- 
lichen Legitimität auch manchen liberalen und den Bedürfnissen 
jedes modernen Staatswesens entsprechenden Gedanken ver- 
treten, sie kämpften damit doch nur selbst gegen ihre eigenen 
Principien an und verwickelten sich, um der Welt oder auch 
ihrer eigenen Einsicht die seltsame Lehre eines von Gott ge- 
schaffenen Königthums schmackhafter zu machen, in leicht wahr- 
nehmbare Widersprüche. Denn folgerichtig konnte es nur sein, 
wenn man, wie vormals die Stuarts und dann auch Bonald 
und de Maistre thaten, aus der göttlichen Verleihung des 
Herrscherrechts, aus der gottähnlichen Stellung der Fürsten 
auf eine Unfehlbarkeit der Herrscher, auf eine unbedingte Ge- 
horsamspflicht der Unterthanen schloß, wenn man im Staate 
alles Recht auf das Haupt des Monarchen, alle Pflicht auf 
die Schultern der Unterthanen lud. Was konnte ein unab- 
hängiges Richteramt, was überhaupt irgendeine politische In- 
stitution bedeuten, wenn der Monarch kraft seiner legitimen 
Uebernatürlichkeit den Umsturz derselben durch eine einfache 
Berufung auf seine erhabene Stellung als Ebenbild, Statt- 
halter, Mandatar Gottes rechtfertigen konnte? Der feste 
Punkt jeder Rechtsordnung, welchen Malte-Brun in der gött- 
lichen Legitimität erblickte, war nirgends weniger fest als in 
den Ländern, wo sich der Seuverän für den unmittelbaren 
87
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.