Full text: Das Legitimitätsprincip.

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nur natürlichen und göttlichen, d. h. in Wahrheit keinen Ge- 
setzen unterworfenen Herrn 1) verwirft und die Staatsbürger 
in Knechte 2) umwandelt, haben die reactionären Politiker des 
europäischen Festlandes sich jederzeit, vor allem aber damals, 
mit größter Vorliebe erklärt. 
Dazu kam Haller's Lehre von der Nutzlosigkeit, ja Schäd- 
lichkeit aller sogenannten Nationalfreiheiten; der Fürst darf 
und soll kraft seiner vollendeten Freiheit einer Verfassung nicht 
unterworfen sein; er ist der einzige ganz Freie auf seinem 
Gebiete, d. h. niemand, nicht einmal den Gesetzen oder 
„menschlichen Befehlen“, wie Haller hier die Gesetze zu nennen 
vorzieht, dienstbar, sondern hat lediglich Gott oder die gött- 
lichen Gesetze, d. h. die Gesetze der Naturnothwendigkeit und 
der ins Herz geschriebenen Pflicht, über sich zu erkennen. Gott 
sei der König der Könige und deshalb seien seine Gebote von 
den Fürsten mehr wie von andern Menschen zu befolgen. 
Menschliche Satzungen seien dagegen stets lückenhaft, geriethen 
schnell in Vergessenheit und würden zu todten Formen; auch 
seien sie wandelbar, während die Natkurgesetze oder die gött- 
liche Ordnung unabänderlich sei. z) Andere Garantien als 
das religiöse Pflichtgefühl der Herrscher zu suchen, sei nicht 
blos nutzlos, sondern auch widersinnig 3); denn da nach der 
Natur der Dinge die Unterordnung des Fürsten unter irgendein. 
menschliches Gesetz unmöglich sei, so sei die vollständige recht- 
liche wie factische Unabhängigkeit des Fürsten Gottes Ordnung, 
1) Restauration der Staatswissenschaften, I, 459, 460. 
3:) H. A. Zachariä, Deutsches Staats= und Bundesrecht, 3. Aufl., 
I, 62. 
„:) Restauration der Staatswissenschaften, II, 64—67. 
) Ebendaf., I, 436.
	        
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