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Diese in ihrer Keckheit nur von ihrer Unwahrheit über-
troffene Interpretation des 13. Artikels der Bundesacte,
welche der Inspiration eines Gentz zu verdanken ist, wider-
sprach aber nicht blos dem bisher sowol auf dem Wiener
Congreß als in der Bundesversammlung üblichen, völlig
unterschiedlosen Gebrauche beider Wörter 1), sondern sie
brachte die Repräsentativverfassung, in welcher „die Ge-
sammtmasse des Volks“, nicht aber die Gerechtsame und das
Interesse einzelner Stände von den zur unmittelbaren Theil-
nahme an ver Gesetzgebung und den wichtigsten Geschäften der
Staatsverwaltung bestimmten Personen vertreten würden, in
einen ebenso ungerechten Gegensatz gegen das monarchische
Princip, als sie die alte landständische Verfassung, in welcher
„Mitglieder oder Abgeordnete durch sich selbst bestehender
Körperschaften ein Recht der Theilnahme an der Staatsgesetz-
gebung überhaupt oder einzelnen Zweigen derselben ausüben“ 2),
in unrichtiger Weise für übereinstimmend mit dem monarchischen
Princip erklärte. Denn wenn man von den kümmerlich fort-
vegetirenden, aber von Gentz für Musterbilder landständischer
Verfassungen aus gegebenen österreichischen Postulatenland-
tagen 3) absah, mußte man die alten Landstände viel eher für
einen Widerspruch gegen das monarchische Princip ansehen; wo
dieselben überhaupt eine rechtlich anerkannte Wirksamkeit ge-
habt hatten, waren sie ein selbständiges, ohne landesherr-
dölkerrechtlichen wie staatsrechtlichen Souveränetät anzusehen, und ist auch
von einzelnen Fürsten so angesehen worden. Vgl. Zachariä, Deutsche
Verfassungsgesetze, S. 32, 33. Welcker, a. a. O., S. 66, 67.
1) Zachariä, Deutsches Staats= und Bundesrecht, 3. Aufl., I,
2) Welcker, a. a. O., S. 221.
2) Karl Mendelssohn-Bartholdy, Friedrich v. Gentz, S. 79.
Brockhaus, Legitimitätsprincip. 10