IX.
Stahl's Lehre von der Legitimität.
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Längere Zeit nachdem der Sieg nationaler und politischer
Forderungen über das Legitimitätsprincip und die in dasselbe
übergegangenen Theorien auf einem großen Theile des euro-
päischen Continents entschieden war, erhielt die Lehre von der
göttlichen Institution des Staats, von der Legitimität als einer
halb übernatürlichen Eigenschaft der Herrscher und vom mon-
archischen Princip als dem staatsrechtlichen Inhalte des legi-
timen Monarchenrechts einen neuen Aufschwung durch Stahl.
Noch war in Deutschland der Kampf zwischen den An-
hängern des Constitutionalismus und dem alten, mehr sich
selbst beschränkenden als durch rechtliche Institutionen be-
schränkten Königthum nicht entschieden, als Stahl mit einer
Lehre wieder auftrat, die, wenngleich in den westeuropäischen
constitutionell regierten Staaten zu Falle gekommen, noch in
Deutschland selbst, vor allem in Preußen, praktische Resultate
zu gewähren versprach. Klarer wie irgendeiner seiner Vor-
gänger hat Stahl die Lehre von der Legitimität entwickelt und
damit den Anhängern der Autorität für lange Zeit das
Schlagwort geliefert, mit welchem sie den Verehrern der Ma-
jorität entgegentraten. Mit größerm Bewußtsein als vor
Brockhaus, Legitimitätsprinci. 11