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Stahl ist daher besonders in Preußen die conservative Partei
bemüht gewesen, die Lehre von der göttlichen Einsetzung der
Herrscher und dem monarchischen Princip in dem von Stahl
vertretenen Umfange zur eigentlichen Richtschnur ihres Han-
delns zu machen und den modernen Staat in eine halb mittel-
alterliche, halb jüdische Theokratie umzuwandeln.
So können denn auch wir uns nicht entschlagen, auf eine
Legitimitätstheorie Bezug zu nehmen, der zwar der völker-
rechtliche Zweck, die Anfrechthaltung der europäischen Ordnung,
vollständig fehlt, die aber dafür, wenn auch keineswegs ein
folgerichtiges, so doch ein sorgfältig ausgeführtes Bild des
Königthums von Gottes Gnaden ist. Stahl hat dem Legi-
timitätsbegriff zwar nicht einen neuen Inhalt gegeben, viel-
mehr erinnern viele seiner Behauptungen und Beweise an die
französischen Verfechter derselben Theorie, besonders an Bonald;
aber seine Darstellung dieser politischen Doctrin ist in höherm
Grade für das öffentliche Leben Deutschlands wichtig geworden
als de Maistre's und Bonald's Lehren für Frankreich, da die
Genannten sich nicht damit begnügten, die göttliche Einsetzung
der königlichen Würde als den letzten Rechtsgrund ihres Vor-
handenseins zu behaupten, sondern dies auch äußerlich durch
die unmögliche Forderung einer Unterordnung aller katholischen
Staaten unter den Papst zur Erscheinung bringen wollten.
Stahl dagegen hat sich begnügt, für den Staat die Anerken-
nung seines göttlichen Ursprungs, insbesondere des göttlichen
Ursprungs der monarchischen Gewalt in und über demselben
zu fordern, nicht aber versucht, das Legitimitätsprincip zu einer
völkerrechtlich garantirten Rechtsordnung, wie Talleyrand, oder
zu einem christlichen Weltbunde oder Staatenstaate, wie die
Heilige Allianz und ihre Anhänger, zu erweitern.
Stahl geht aus von der göttlichen Institution des