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Staats 1): die Verordnung Gottes sei der letzte Grund des
dem Staate selbst innewohnenden ursprünglichen Ansehens;
die bindende Macht des Gesetzes, der Verfassung, der Obrig-
keit rühre nur von Gott her, da kein Mensch „von sich selbst“
obrigkeitliche Gewalt über andere Menschen haben könne, noch
auch die Menschen durch Vertrag eine solche begründen könnten.
So sei denn die Obrigkeit „von Gottes Gnaden“, ihre Herr-
schaft ein göttliches Recht. Damit will Stahl aber keines-
wegs blos behaupten, daß der Staat überhaupt Gottes
Gebot sei, sondern er faßt den göttlichen Ursprung des Staats
als die fortwährend erneuerte göttliche Sanction jeder be-
stimmten Verfassung. Ja, er geht sogar noch weiter und be-
hauptet, daß überall auch die bestimmten Personen der Obrig-
keit Gottes Sanction haben. 2)
Der göttlichen Institution des Staats entsprechend sieht
Stahl denn auch den Beruf des Staats in dem Dienste
Gottes; die Obrigkeit sei nicht von Gott verordnet, um ihr
Recht nach Gottes Ordnung, sondern für Gottes Ordnung
zu üben; die obrigkeitliche Gewalt sei daher nicht blos eigenes
Recht, eigener Besitz, sondern eine göttliche Mission. z) Darum
sei die Obrigkeit mit der specifischen Attribution Gottes, d. i.
der Majestät, bekleidet, in welcher der generische Unterschied
der öffentlichen Gewalt, des imperium, von aller Privat-
gewalt, der potestas, liege. Aus diesem Grunde sei auch das
Volk der Obrigkeit unterthan, sei alles Persönliche, Private,
blos Menschliche dem Staate unterworfen. Seiner Idee nach
1) Friedrich Julius Stahl, Die Philosophie des Rechts, 3. Aufl.,
Bd. 2, Abth. 2, S. 176.
:) Ebendas., S. 177.
:2) Ebendas., S. 179, 180.
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