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von Stahl für die Throngelangung des Monarchen in An-
spruch genommenen göttlichen Fügung kein anderer Sinn übrig
als derjenige, welchen Stahl der göttlichen Sanction jeder
bestimmten Verfassung und der bestimmten Personen jeder
Obrigkeit gibt; auch diese soll nämlich keineswegs als „Gottes
unmittelbare, die Natur durchbrechende That“ aufgefaßt
werden. )
Somit ist es beinahe unverständlich, wie Stahl die
Throngelangung des Erbmonarchen für eine anders geartete,
directere göttliche Fügung zu erklären wagt als die Herrschafts-
erwerbung gewählter Magistrate. Schon Zachariä hat be-
merkt, daß ein Wahlact sicherlich ebenso gut auf Gottes Fü-
gung beruhe wie ein Zeugungsact 2), und gerade Stahl hätte
den Wahlact nur als die geistige Zeugung einer Obrigkeit
auffassen müssen, die dieser letztern den Stempel ihrer Ab-
stammung von diesen und diesen durch Gottes Fügung geschaf-
fenen und berufenen Wählern nach ebenso unwandelbaren
natürlichen oder göttlichen Gesetzen aufdrückt, als die leibliche
Zeugung des künftigen Monarchen diesem bestimmte körperliche
wie geistige Eigenschaften seiner Aeltern verleiht. Nicht aber
durfte er sich zu der seinem Standpunkte geradezu wider-
sprechenden Behauptung entschließen, daß, weil in einem Wahl-
acte die Menschen mit Bewußtsein ihre Obrigkeit erschaffen,
Gettes Fügung in einem solchen in viel geringerm Grade
thätig sei als in einem Zeugungsacte, wo weder die Bethei-
ligten noch die Unbetheiligten wissen, was für ein Monarch
ins Leben gerufen wird, als ob gewissermaßen Gott erst dann
1) Stahl, a. a. O., S. 177.
2) Deutsches Staats= und Bundesrecht, 3. Aufl., I, 79.