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Princips ausgeben sollte; damit ist die Möglichkeit einer Gel-
tung und Wirksamkeit der Staatsgewalt um des durch sein
Dasein zum Dasein berechtigten Staats willen nicht ausge-
schlossen. Aber das Staatsrecht mit einem noch dazu in der
ganzen christlichen Glaubenslehre nicht vorhandenen 1), ja den
einfachen politischen Sätzen derselben sogar widersprechenden
christlichen Princip versetzen, heißt nicht den göttlichen Willen
als die sittliche Rechtfertigung und Beglaubigung der Mon-
archie auffassen, sondern selbstgeschaffene Lehren unter der
Firma einer hohen Autorität, welcher zu widersprechen be-
denklich ist, zu unfehlbaren Sätzen erheben, um den Gegner
statt mit Gründen mit dem Anathem bekämpfen zu können.
Zwar behauptet auch Stahl, ihm sei der göttliche Ur-
sprung des Staats nur „der tiefere sittliche Grund“; aber
diese Behauptung ist in seinem Munde ebenso unrichtig als
unmöglich: unrichtig wegen der directen Beziehung, in welche
Stahl jede Obrigkeit und jede Verfassung mit Gott bringt,
unmöglich, weil ihm seine eigene Lehre untersagt, das Staats-
recht aus dem Staate zu rechtfertigen, nachdem er es bereits
aus dem Willen und der Sanction Gottes gerechtfertigt hat.
Dazu kommt, daß dem Stahls'schen Legitimitätsprincip
überhaupt ein eigentlich staatsrechtlicher Inhalt fehlt und fehlen
muß: der Usurpator kann es ebenso gut wie der rechtmäßige
Herrscher zu seinen Gunsten anrufen; denn Stahl selbst spricht
die göttliche Sanction jeder Person, jeder Obrigkeit, somit auch
dem Usurpator zu, und der im Legitimitätsprincip angeblich
enthaltene Satz, daß die Throngelangung des Erbmonarchen
von Gott sei, ist in gleichem Umfange und gleicher Bedeutung
nach Stahl's eigener Lehre auf jede Obrigkeit, auch die un-
1) Zachariä, a. a. O., I, 79.