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für einen Widerspruch gegen die Souveränetät ansah, wäh-
rend ein solcher doch nur in einer Theilung der Souverä-=
netät erblickt werden konnte.
Stahl aber meint, das monarchische Princip könne nicht
blos den einfachen Rechtssatz enthalten, daß die Souveränetät
ganz und ungetheilt dem Monarchen zustehen müsse, weil sich
das von selbst verstehe. Vielmehr bedeute das monarchische
Princip eine bestimmte thatsächliche Machtstellung des Herr-
schers und habe deshalb auch einen andern Gegensatz als die
Volkssouveränetät und die Theilung der Gewalt. Dieser
Gegensatz aber sei das parlamentarische Princip 1), d. i. „die
überwiegende Macht des Parlaments gegenüber dem Könige,
die sich in England ausgebildet hat und natürlich in den auf
Volkssouveränetät gegründeten Verfassungen nicht in geringerm,
sondern in höherm Grade angestrebt wird“. ) Auf Grund
dieses Gegensatzes construirt Stahl das monarchische Princip
in der Weise, daß er alle Eigenthümlichkeiten nicht sowol der
englischen Verfassung als der parlamentarischen Praxis in
England für Widersprüche gegen das monarchische Princip
erklärt und deshalb als Kern des constitutionellen, aber nicht
in der Weise des englischen beschränkten Königthums dieselbe
Machtstellung des Monarchen übrig behält, welche Gentz und
der Deutsche Bund den Fürsten durch ihr monarchisches Prin-
cip zu wahren suchten.
Stahl ibeginnt seine Darstellung des parlamentarischen
Princips mit der Behauptung, das englische Parlament habe
„schon rechtlich eine Art Mitsouveränetät mit dem Könige“
und sei thatsächlich, d. i. dem Erfolge nach, ohne allen Ver-
1) Stahl, a. a. O., S. 373.
2) Ebendas., S. 374.