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führe. 1) Sonach sieht Stahl das Recht der Landstände,
Gesetzesvorschläge der Regierung zurückzuweisen, beziehentlich
durch Anträge zu ändern und erst diesen geänderten, d. h. doch
in Wahrheit neuen Gesetzen zuzustimmen, für verträglich mit dem
monarchischen Princip an, und es ist deshalb beinahe unver-
ständlich, wenn der Genannte trotzdem in der ständischen Initia=
tive einen Widerspruch gegen das monarchische Princip erblickt.
Will Stahl dem Könige die Führung der Entwickelung,
die positiv-gestaltende Macht im Staate wahren, weil es so das
monarchische Princip verlange, so muß er zuerst die beschlie-
ßenden Landstände aufheben und an ihre Stelle entweder die
von ihm selbst verworfenen, blos berathenden Landstände oder
aber die ohnmächtigen Postulatenlandtage setzen, welche Gentz
für Musterbilder landständischer Körperschaften erklärte, d. h.
er muß mit allen seinen Lehren über den Rechtsstaat und die
reichsständische Verfassung brechen und die absolute Monarchie
für die beste Staatsform erklären, weil in ihr das Gesetz
nicht blos formell, sondern auch materiell eine Willensäußerung
des Monarchen ist.
Widerspricht sonach die ständische Initiative bei Gesetzen
dem monarchischen Princip nicht, weil sie dem Könige die
Souveränetät vollständig beläßt und nicht etwa durch Weg-
nahme der gesetzgebenden Gewalt theilt und verkürzt, so könnte
es doch fraglich scheinen, ob der in England feststehende Ver-
fassungssatz, daß nur hinsichtlich einiger Gesetze, insbesondere
der allgemeinen Amnestie= und der Finanzgesetze 7), die Ini-
tiative dem Könige, sonst aber ausschließlich dem Parlament
zustehe, nicht gegen das monarchische Princip verstoße. Allein
1) Stahl, a. a. O., S. 410, 411.
2) Vgl. Fischel, Die Verfassung Englands, 2. Anfl., S. 127.