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stande landständischer Verhandlungen erhoben werden und
damit die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich fesseln können,
also möglicherweise eine Gesinnung des Volks erzeugen, welche
dem Souverän die Verweigerung einer ständischen Petition
bedeutend erschwert. Ja, Stahl muß schließlich jede Be-
ziehung der öffentlichen Meinung, der Presse, überhaupt des
in den Kammern vertretenen Volks zu der Volksvertretung
als eine Gefahr für die freie Benutzung des Veto und des-
halb als Verstoß gegen das monarchische Princip ansehen;
denn durch alle diese Beziehungen, durch jeden Antheil des
Volks an den Arbeiten und der Wirksamkeit der Landstände wird
eine factische Pression geübt, der sich selbst der Monarch
nicht entziehen kann. Verlangt doch Stahl selbst, daß der
König durch die Landstände in den Stand gesetzt werde, sich
in die Lage des Volks zu versetzen; verlangt doch jedermann,
selbst der absolutistisch gesinnte Politiker, daß der König die
sittlichen, religiösen und rechtlichen Anschauungen seines Volks
theile. Dem widerspricht aber auf das entschiedenste die
Forderung, der Monarch dürfe weder durch die Berathungen
einer landständischen Körperschaft noch durch den Antheil des
Volks an denselben beeinflußt werden; denn andere Quellen
gibt es nicht, aus denen eine Kenntniß der nationalen An-
schauungen und Bedürfnisse geschöpft werden könnte. Nicht
das Unberührtsein von der öffentlichen Meinung, sondern die
Vertiefung in dieselbe ist das Mittel, um die Frage entscheiden
zu können, ob ein nationaler Wunsch wirklich vorliege und ob
die Bitte oder Forderung der Stände wirklich zu seiner Be-
friedigung führe.
Sonach können wir in der Abhängigkeit, in welcher der
König sich hinsichtlich der Gesetzgebung dem Parlament gegen-
über befindet, keine Verletzung des monarchischen Princips er-