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nachdem es bereits auf der andern Seite öffentliche Meinung
und politische Sitte geworden, daß überhaupt und ohne das
der König dem Parlament und namentlich dem Unterhause
nichts abschlagen dürfe, ja daß er kein anderes Regierungs-
system befolgen könne als das ihm vom Unterhause angegebene.
Ueberdies habe das Recht der Steuerverweigerung auch den
unmittelbaren Erfolg, daß der Staatshaushalt vom Parlament
festgesetzt werde: „Die Specialität des Budgets hat dort keine
Grenze und das Unterhaus kann nicht blos im ganzen die
Abgaben mindern, sondern es kann für jeden Posten Minde-
rungen beschließen, und zwar bis ins Detail herab die Art
und den Gegenstand derselben bestimmen, und die Krone muß
das alles genehmigen, weil sie außerdem keine Steuern hat.“ 1)
Wir können auch dieser Ausführung nicht beistimmen,
und zwar aus dem einfachen Grunde, weil ein unbedingtes
Steuerverweigerungsrecht in dem von Stahl angedeuteten Um-
fange, d. h. ein Recht, der Krone durch einen rechtmäßigen,
bei jeder Budgetberathung möglichen Beschluß alle Existenz-
und Regierungsmittel zu entziehen, in England überhaupt
nicht existirt.
Die meisten Einnahmen des englischen Staats, mehr als
fünf Sechstel derselben, nämlich „alle historischen Haupt-
steuern“" 2) stehen der Krone infolge von Gesetzen zu, welche
permanent, d. h. einer alljährlich wiederkehrenden „budget-
mäßigen“ Bewilligung oder Verwerfung schlechterdings ent-
zogen sind und zu ihrer Umänderung oder Aufhebung das bei
Aufstellung neuer Gesetze regelmäßige Verfahren, nicht blos
1) Stahl, a. a. O., S. 376, 377.
2) R. Gneist, Budget und Gesetz (Berlin 1867), S. 7. Derselbe,
Englisches Verwaltungsrecht, 2. Aufl., II, 833, 834, 840 fg.