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zum rechtskräftigen Spruche wird und deshalb, trotz ihres
Inhalts, auch der Stellung des Monarchen in keiner andern
Weise zu nahe tritt, als sich dies von jedem unter der Mit-
wirkung von Ständen entstandenen Gesetze sagen läßt.
Dagegen lassen sich im Interesse des monarchischen Prin-
cips gegen die regelmäßige Form der Ministeranklage, das
Impeachment, d. h. die Anklage des Schuldigen von seiten
des Unterhauses vor dem Oberhause, weder ihrer Form noch
ihrem Inhalte nach Widersprüche erheben. Wie in den meisten
deutschen Ländern, welche eine wirkliche Ministerverantwort-
lichkeit kennen, die beiden Kammern oder auch jede Kammer
für sich den Schuldigen anklagen kann und dieser dann sich
regelmäßig vor dem ersten Gerichtshofe des Landes gestellen
muß, so klagt auch in England das Haus der Gemeinen vor
dem obersten Gerichte des Landes, d. i. dem Oberhause, und
dieses fällt den Spruch.
Richtig ist es, daß das Impeachment eine kraftvolle Waffe
des Parlaments gegen einen verbrecherischen Minister ist. Aber
die hierdurch bedingte Abhängigkeit des Ministeriums macht
diesem weder die Verwaltung seines Amts unmöglich, noch
verstößt sie gegen das Wesen der Monarchie; denn die Un-
verantweortlichkeit des Königs kann sich mit dem Rechtsstaate
in der That nur durch sein Gebundensein an die Mitwirkung,
den Rath, die Contrasignatur eines Ministers vertragen, welcher
die Schuld für jeden die Verfassung verletzenden Regierungs-
act auf sich nimmt. Je straffer diese Verantwortlichkeit an-
gespannt, je mehr sie jedem Minister zum Bewußtsein gebracht
ist, desto sicherer und fester wird die Verfassung und deshalb
1) Vgl. Gneist, a. a. O., II, 709. Cox, a. a. O., S. 417 fg.