220
auch die Monarchie stehen, desto klarer ist der Grundgedanke
der monarchischen Repräsentativverfassung durchgeführt, der
Gedanke nämlich, die in der Verfassung gewährten Rechte des
Volks gegen jeden Angriff von seiten der Regierung zu sichern.
Zu andern Resultaten müßte allerdings die weite Ausdehnung
führen, welche man in neuerer Zeit der Ministerverantwort-
lichkeit in England dadurch gibt, daß man den Minister auch
für die Weisheit und Nützlichkeit der von ihm ausgehenden
oder gebilligten Maßregeln juristisch verantwortlich macht; denn
hiernach müßte der Minister überhaupt wegen jeden Misgriffs
in der Regierung zur Verantwortung gezogen werden. Die
durch juristische Gründe nicht bestimmte freie, politische
Erwägung wäre damit für ausreichend zu der Begründung
der Anklage wie des Urtheils erklärt, und auch der Ur-
heber der gerechtesten, verfassungsmäßigsten Maßregel wäre
vor Strafe nicht sicher. Aber gerade diese Zuvielforderung ist
für die Ministerverantwortlichkeit zu spät gekommen: in der
Gegenwart sind ernste Angriffe auf die Verfassung nicht mehr
zu fürchten; die wirkliche Anklage und Bestrafung eines Mi-
nisters wird deshalb nur noch infolge von Amtsvergehen ein-
treten. Im Falle der Verletzung einzelner Verfassungsbestim-
mungen aber ebenso wie im Falle einer ungeschickten oder
unverständigen Amtsführung hat die constitutionelle Praxis
statt der Ministeranklage ein anderes ausreichendes Mittel
gefunden, um den Schuldigen unschädlich zu machen; erlangt
dieser nämlich für die ihm zur Last gelegte Handlung keine
Indemnität, so liegt darin ein Mistrauensvotum, welches das
Ministerium nach parlamentarischer Sitte regelmäßig mit der
Einreichung seiner Entlassung zu beantworten pflegt. Damit
sind die durch die Verwaltung eines ungeschickten oder selbst
verfassungsfeindlichen Ministers heraufbeschworenen Gefahren