Full text: Das Legitimitätsprincip.

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Auch diese Consequenz aus dem Lezitimitätsprincip= zu 
ziehen, hat Talleyrand nicht angestanden. 1) Ja, in dieser 
Verwerfung aller durch die Eroberung gewonnenen Rechte 
gipfelt sogar seine Theorie. Gerade in ihr lag ja die Ant- 
wort und zwar die verneinende Antwort auf die von Preußen 
geforderte Annexion des sächsischen Königreichs. Ebenso drückte 
gerade die unbedingte Verwerfung der Zulässigkeit einer 
Eroberung den Wunsch des ganzen damaligen Europa aus: 
den Wunsch nach Frieden, nach einer durch keine Erobe- 
rungs= und Unterwerfungskriege fernerhin gestörten Ruhe. 
Die furchtbare, von allen empfundene Qual unausgesetzter 
Bedrohung des Vaterlandes, der staatlichen und nationalen 
Existenz konnte allein durch die rücksichtslose Verurtheilung 
einer Theorie beseitigt werden, durch welche Napoleon seine 
gewaltsamen Ländererwerbungen sofort legitimirt hatte. 
Bis dahin hatte die Lehre des Völkerrechts von der de- 
bellatio und der durch die vollständige Vernichtung der feind- 
lichen Gewalt gerechtfertigten Erwerbung des eroberten Landes 
gegolten. ) Hatten auch die Völkerrechtslehrer diese grausame 
Theorie, die jede gelungene Eroberung, d. h. vollständige Ver- 
nichtung des feindlichen Staats als eine rechtmäßige Erwer- 
bung desselben auffaßte, durch die Beschränkung der Kriege 
auf den Fall einer gerechten Kriegsursache einigermaßen 
1) Klüber, a. a. O., VII, 49, 53. 
:) Hugo Grotius, De jure belli ac pacis, lib. 3, cap. 8: De 
imperio in victos, §. 1. Vattel, Droit des gens, Bd. 3, Kap. 13, 
#§. 197, 198. Auch noch in neuerer Zeit anerkannt von Heffter, Euro- 
päisches Völkerrecht, 4. Ausg., §. 176, 178. Bluntschli, Modernes 
Kriegsrecht, Art. 185. Bluntschli, Modernes Völkerrecht, §. 701. Auf 
die preußischen Annexionen des Jahres 1866 angewandt von H. Schulze, 
Einleitung in das deutsche Staatsrecht, S. 392, 393.
	        
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