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des Monarchenrechts auffassen, der Legitimität also einen
streng juristischen Inhalt zu geben bemüht sind, zur Heilung
der Illegitimität anwenden wollen, nämlich die Verjährung.
Daß dieser Versuch von einem richtigen Grundgedanken
ausgeht, ist zweifellos; soll die Legitimität mehr sein als der
weihevolle Nimbus, welchen die Geschichte, wie jeder Institu-
tion und jedem alten Geschlechte, auch jeder Dynastie gewährt,
soll sie wirklich die Rechtmäßigkeit des Ursprungs der von
einer bestimmten Dynastie ausgeübten Herrschaft bedeuten und
zugleich in Einklang gebracht werden mit denjenigen Dynastien,
welche ihren Thron in zweifellosem Widerspruche mit dem
Rechte erworben haben, dennoch aber wie rechtmäßige Herr-
scherhäuser angesehen werden und regieren, so bleibt nichts
übrig, als den juristischen Fehler der Thronerwerbung durch
ein juristisches Mittel zu beseitigen. Die heilende Kraft der
Zeit, die sich in allen Verhältnissen theils thatsächlich in un-
verkennbarer Weise, theils aber bei vielen Rechtsverhältnissen
mit rechtlich anerkannten Wirkungen äußert, führt von selbst
dahin, den Einfluß der Zeit auch in Beziehung auf staats-
rechtliche Verhältnisse zu einer wirklichen Verjährung zu stei-
gern und dadurch die Legitimität wie die Illegitimität einer
regierenden Familie unter die Herrschaft eines Rechtssatzes zu
bringen, welcher das Rechtsbewußtsein der Nationen ebenso
wie das juristische Gewissen des Gelehrten wenigstens im Ver-
laufe eines oder einiger Menschenalter zu beruhigen und den
Rechtsfrieden zu gewähren, beziehentlich zu befestigen ge-
eignet ist. 1)
1) Vgl. Brie, Die Legitimation einer usurpirten Staatsgewalt (Hei-
delberg 1866), Abth. 1, S. 37.