Full text: Das Legitimitätsprincip.

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mildern wollen, das hatten sie doch nicht zu leugnen vermocht, 
ja ausdrücklich zugestanden, daß das Eroberungsrecht unab- 
häng#ig von der justa oder injusta causa belli bestände, so- 
mit also die Rechtmäßigkeit einer durch Eroberung gemachten 
Erwerbung auf Grund der Ungerechtigkeit des ganzen Kriegs 
nicht angegriffen werden könnte. 1) 
Auf dieser Lehre hatte das Recht Frankreichs auf so viele 
der ihm einverleibten Länder beruht; auf diese Lehre stützte 
sich auch Preußen, indem es die Incorporation Sachsens 
forderte. 
Niemand durfte in Abrede stellen, daß es so Rechtens sei 
zwischen den europäischen Völkern, wenngleich La-Besnardieèere?) 
und Tallehrand behaupteten, England, selbst Napoleon habe 
der Eroberung allein den Charakter eines gültigen Erwerbs- 
titels abgesprochen, vielmehr zu ihrer Rechtsbeständigkeit einen 
Abtretungsvertrag mit dem unterlegenen Gegner für uöthig 
erklärt. Aber die Fälle, aus welchen die französischen Diplo= 
maten des Wiener Congresses ein so feines juristisches Ge- 
1) Vattel, Droit des gens, Bd. 3, Kap. 13, §. 195. Auch 
von Klüber, Droit des gens, §. 255, zugegeben, obgleich derselbe 
(Notec) nach „dem natürlichen Bölkerrecht“ nur dem Sieger, dessen Sache 
eine gerechte ist, ein Eroberungsrecht zuspricht. An anderer Stelle 
(5. 237, Note a) hebt Klüber übrigens diese Forderung des natürlichen 
Völkerrechts der Sache nach durch die Bemerkung auf, daß es außer- 
ordentlich schwer zu entscheiden sei, ob ein Krieg und auf welcher 
Seite er gerecht wäre; er könne von verschiedenen Gesichtspunkten aus 
auch auf beiden Seiten gerecht sein. 
2) Preußische Denkschrift für die Bereinigung des Königreichs 
Sachsen mit Preußen, dem Fürsten Metternich mitgetheilt am 20. Dec. 
1814 (Klüber, Acten des Wiener Congresses, VII, 63 fg.). Preußen 
berief sich auf die S. 16, Note 2 citirten Stellen des Grotius und Vattel. 
!:) Mémoire raisonné sur le droit de la Sazxe et de son souve- 
rain, d. d. Wien, 2. Nov. 1814 (Klüber, a. a. O., Bd. 1, Heft 2, S. 11). 
Brockhaus, Legitimitätsprineip. 2
	        
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