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gesetzte Ausübung des betreffenden Rechts nicht anwendbar.
So unterliegt kein Familienrecht der Verjährung. 1) Die von
Bluntschli und Niebuhr, auch von Stahl angezogene Ana-
logie der Verjährung des privatrechtlichen Besitzes darf uns
daher keineswegs zu einem Generalisiren des in der Ver-
jährung zu Tage tretenden Gedankens und demzufolge auch
nicht zu einer Uebertragung der Usucapion auf das Staats-
recht veranlassen. ) Ist doch die Anwendbarkeit des Ver-
jährungsinstituts auf andere Theile der Rechtswissenschaft
nach dem geltenden Rechte der meisten Völker entweder ganz
außerordentlich beschränkt oder gar vollständig untersagt: auf
dem Gebiete des Strafrechts kann es selbstverständlich keine
Acquisitivverjährung geben; die Verbrechensverjährung ist nicht
die Ersfitzung der Unschuld, sondern eine Exstinctivverjährung
des Rechts auf die Anklage, beziehentlich des Rechts auf Voll-
ziehung der erkannten Strafe. ) Im katholischen Kirchenrechte
ist dem Laien eine erwerbende Verjährung hinsichtlich aller
spirituellen Rechte unmöglich.") Auf dem Gebiete des Staats-
rechts gibt es entweder gar keine Bestimmung über die Zu-
lässigkeit einer Verjährung der Staatsgewalt und deren ver-
fassungsmäßigen Repräsentanten gegenüber, wie im Römischen
Recht, oder es ist ausdrücklich die Unverjährbarkeit des Rechts
auf die Souveränetät, beziehentlich auf die in denselben enthaltenen
Rechte ausgesprochen. So untersagt das englische Recht #) ein-
—
) Brie, a. a. O., S. 38. Windscheid, Lehrbuch des Pandekten-
rechts, 2. Aufl., I, 271, Note 5.
:) Vgl. auch Held, System des Verfassungsrechts, I, 47, 49, 50.
2) Marezoll, Das gemeine deutsche Criminalrecht, 3. Ausg., S. 215
—220.
) Richter, Lehrbuch des Kirchenrechts, 5. Aufl., S. 745.
5) Blackstone, Commentaries on the laws of England II 265,