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zur Disposition stehen; immer wird sein Zug nur ein Raub-
zug, er selbst nur ein Freibeuter sein, und nur aus Huma-
nität, nicht aus Rechtspflicht könnte ihm von seinem Gegner
der Genuß des modernen Kriegsrechts eingeräumt werden.
Rekrutirt er sein Heer aus seinen alten Staatsangehörigen,
die nunmehr der neuen illegitimen Obrigkeit unterworfen sind,
so kann er diese, falls sie nicht in aller Form Rechtens aus-
gewandert sind, nicht vor den Strafen des Hochverraths
schützen, und auch er selbst könnte nur als Landfriedensbrecher
betrachtet werden, der, wenn gefangen genommen, nicht der
Kriegsgefangenschaft, sondern dem Gerichte verfallen würde.
Man hat diese ungern zugestandene Stellung des deposse-
dirten legitimen Fürsten, welche ihm selbst die Anwendung des
Kriegs unmöglich macht, meistens ignorirt und regelmäßig
auf die Allianzen hingewiesen, welche derselbe mit andern
zweifellos souveränen Mächten schließen könne. Aber der Ab-
schluß einer Allianz ist kein dem depossedirten legitimen Fürsten
einseitig zustehendes Rechtsmittel, sondern eine rein thatsächliche
Frage, deren Beantwortung von Zufälligkeiten, nicht aber von
Rechtsgründen abhängt.
Sonach kann dem verdrängten legitimen Fürsten gegenüber
keine Exstinctivverjährung seines Rechts laufen; denn er ist
schlechterdings niemals seit seiner Vertreibung, sobald diese
vollständig ist, im Stande, sein Recht selbst durch das so un-
zuverlässige Mittel des Kriegs zur Geltung, zu bringen.
Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß die sogenannte
staatsrechtliche Verjährung weder als eine der Usucapion
nachgebildete Ersitzung der Souveränetät noch als eine der
Klagverjährung nachgebildete Exstinctivverjährung des legitimen
Fürstenrechts aufgefaßt werden kann. Es bleibt demnach nur
noch Eins möglich, nämlich die staatsrechtliche Verjährung als